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Papst im Widerspruch

Eine Rezension von Elisabeth Pal

Als am 11. Februar 2013 Papst Benedikt seinen Rücktritt bekannt gab, waren viele Menschen erschüttert und verwirrt. Welche Gründe mag der Papst für solch einen Schritt gehabt haben? Hatte er in seiner Amtszeit zu viele Strapazen auf sich genommen?

Alexander Kissler wagt in seinem Buch nun eine Antwort, indem er auf sein Pontifikat zurückblickt. Gleich zu Beginn fängt er die Stimmung nach der Rücktrittserklärung gut ein. Einerseits hat maßlose Bestürzung geherrscht, andererseits hat Benedikt damit einen ganz neuen Weg beschritten, der beinahe als revolutionär gelten darf für einen Papst, der stets als konservativ und stur verschrien war. Als Grund führt er die schwindende „vigor“ an. Kissler führt aus, dass hier eine Doppelbedeutung gemeint ist. Es fehlt ihm nicht mehr nur die Körperkraft, sondern auch die Lebenskraft. Vielleicht verstehen wir seine Gründe, wenn wir versuchen seine Person und sein Anliegen nachzuvollziehen. Hierfür erklärt der Autor, dass Benedikt vor allem Mystiker ist. Und das nicht aus einem bloßen frommen Gefühl heraus. In seiner Enzyklika „Spe salvi“ beschreibt er Mystik als Öffnung der Seele für Gott, was zur Tat drängen soll und in der Liebe konkret wird. Bei all seiner Gelehrtheit sieht er auch die Grenzen des Verstandes und der Wissenschaft und betont deshalb die Wichtigkeit des Gebets. Dieses soll ihn auch noch nach seinem Rücktritt mit den Gläubigen und ihren Sorgen verbinden. Und die geistliche Schlacht, die heutzutage tobt, könne er mit seinen Kräften nicht mehr schlagen; dafür bräuchte es eine Neuen.

Die darauf folgenden Kapitel blicken auf wichtige Etappen des Pontifikats zurück und wollen gleichzeitig Hintergründe erklären. Kaum ein anderer Papst hatte es in seinem eigenen Land so schwer wie Benedikt. Doch gleichzeitig war er immer stolz auf seine bayrischen Wurzeln. Gerade diesem Kapitel widmet sich Kissler mit besonderer Sorgfalt, was allein schon an der Länge erkennbar ist. Aber darüber hinaus schafft er es, das Verhältnis Benedikts zu Deutschland aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten und kritisch zu reflektieren. Besser hätte es Kissler nicht beschreiben können, wenn er meint: „Das päpstliche Ich ging ganz auf im bayerischen Wir und der Freude an der Schöpfung - auch und besonders im Hinblick auf den geliebt-gewohnten Heimatboden.“ Gleichzeitig mahnt der Papst die deutsche Universitätstheologie, nicht mehr profane Wege zu gehen, indem sie den geschichtlichen Kern des Glaubens bezweifle. Diese Dialektik ist nur so zu verstehen: Bayern als eigene Paradiesvorstellung bleibt er zwar treu, wahrt aber gleichzeitig die Distanz zu den Deutschen. Noch vor seiner Papstwahl hatte er es sich in Deutschland verscherzt. Der Katechismus der Katholischen Kirche, hauptsächlich sein Werk, wurde als großes Ärgernis für die deutschen Romkritiker empfunden, weil es zu wenig ökumenische Sensibilität empfinde.

Sein erstes apostolisches Reiseziel ist Deutschland im August 2005 anlässlich des Weltjugendtages in Köln. Er spart allerdings dort nicht mit Kritik. Die deutschen Katholiken vertreten nur ausgewählte Teile der Lehre, seien schwerhörig und sehen Ökumene als Bastelprojekt, um auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu kommen. Dagegen hält er, dass man wieder den ganzen Katechismus lehren muss und Liebe die einzige Revolutionsmöglichkeit sei, wie er es auf dem Weltjugendtag in Köln formuliert hat. Obwohl er mit Protesten in Berlin 2011 empfangen wird, füllt sich am Abend nach der Rede im Bundestag das Olympiastadion bis auf den letzten Platz. Hier ergreift er nochmals die Gelegenheit, vor privaten Kirchenträumen zu warnen. Sein steter Appell ist „die Weltlichkeit der Kirche beherzt abzulegen“.

Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit Benedikts Enzykliken. Dabei leitet Kissler es so ein, dass er auf eines seiner Anliegen anspielt - die Rückgewinnung des Wortes. Hier soll nicht im Ganzen darauf eingegangen werden. Nur kurz sei gesagt, dass es ihm sehr gut gelingt, die Enzykliken in ihrer ganzen Komplexität verständlich zu erklären und den Bezug untereinander zu verdeutlichen.

Viel spannender gestaltet sich die causa „Piusbruderschaft“. Die Aufhebung der Exkommunikation am 21. Januar 2009 geschah vor allem aus der Hoffnung heraus, dass sie zur „Überwindung des Skandals der Spaltung“ weiterhelfe. Benedikt selbst sah sie als „Akt der väterlichen Barmherzigkeit”... Weit entfernt war der Papst davon, dadurch die Äußerung Williamsons, die Holocaustleugnung, zu bestätigen. Die Politikerin Claudia Roth meinte er habe den Dialog zwischen Katholiken und Juden zerstört. Sogar die Kanzlerin musste dazu einen Kommentar abgeben. Sie rügte ihn, dass er dazu Stellung nehmen soll. Denn „eine Leugnung des Holocausts darf nicht im Raum stehen bleiben“. Deshalb bekräftigte einen Monat später Benedikt nochmals „jeden Antisemitismus zurück zu weisen und auch weiterhin gute und dauerhafte Beziehungen zwischen unseren beiden Gemeinschaften aufzubauen“. Das Traurige dabei ist, dass seine Amtszeit vor allem unter diesem Skandal gesehen und bewertet wird. Dabei nennt Walter Kasper diese Affäre eigentlich „Versäumnisse und Fehler in der Kommunikation“. Um das nochmals zu unterstreichen lässt der Papst am 12. März 2009 eine pontifikale Entschuldigung veröffentlichen, in der es heißt, es sei eine Panne gewesen, dass sich beide Ereignisse, Aufhebung der Exkommunikation und Holocaustleugnung durch Williamson, überlagert hätten. Als weitere Panne muss man aber auch die Tatsache betrachten, dass heutzutage zu wenig Leute wüssten, was Exkommunikation und ihre Aufhebung bedeuten.

Überraschenderweise findet das Schreiben positive Resonanz, selbst bei den sonst so lauten Kritikern. Bei aller Objektivität, um die sich Kissler wirklich bemüht, wird die Bruderschaft St. Pius X. trotzdem sehr spöttisch beschrieben. Störend dabei ist eigentlich nur, dass traditionelle Riten wie die Kniebeuge oder die Mundkommunion, die vielleicht nicht mehr überall praktiziert werden, aber trotzdem katholisch sind, als spezifisch „piushaft“ und deshalb beinahe sektenartig beschrieben werden.

Als Maßnahme ergeht am 2. Juli 2009 das Motu proprio „Ecclesiae Unitatem“, das vor allem kirchliche Strukturierungen vorsieht. Die Komission „Ecclesia dei“ wird dabei an die Glaubenskongregation gebunden. Der Papst ist weiterhin darum bemüht, die Bruderschaft in die Kirche einzugliedern. Das Problem dabei ist eher, dass die Piusisten am „vorkonziliaren Lehramt“ festhalten und dem Papst Indifferentismus und Relativismus vorwerfen. Bei allen Bemühungen kommt es schlussendlich zu keiner Einigung.

Doch warum das Ganze? Warum hat Benedikt diesen Aufwand auf sich genommen? Vielleicht vor allem deshalb, weil unter seiner Amtszeit als Kardinal sich die Bruderschaft abspaltete und er es jetzt als besondere Pflicht sieht? Als Kritik hier anzubringen ist, dass die Ereignisse in ihrer Chronologie öfters etwas verwirrend dargestellt werden. Dagegen lebt die Sprache von ihrer Ironie und ist pointiert. Ebenso schafft es Kissler, jedes Kapitel interessant und spannend beginnen zu lassen. So wird in einem Kapitel auf die Rede angespielt, die Benedikt XVI. in der Universität „La Sapienza“ halten wollte, zu der es aber nie kam. Das liegt daran, dass linksradikale Studenten das Büro besetzten und so die Rede abgesagt werden musste. Er sei kein Freund von Schwulen und würde die Professoren in ihrer freien, laikalen Tätigkeit beeinträchtigen, lautete ihr Vorwurf. Dagegen mahnt der Papst, dass heutzutage die Gefahr bestehe, dass die Vernunft sich dem Druck der Interessen und der Nützlichkeit beugt. Deshalb sind vor allem die Christen zum Nonkonformismus aufgerufen. Die „Schläfrigkeit der Guten“ muss durch Wachsamkeit bekämpft werden! Ebenso dürfen nicht Profit und Eigeninteresse unser Handeln bestimmen. So wirbt Benedikt auch für erneuerbare Energien und fordert zur globalen Solidarität auf. Der Mensch muss sich besinnen und die Umwelt, in der lebt, schützen. Gleichzeitig darf er dabei nicht vergessen, auch das menschliche Leben – hier spielt Benedikt auf Abtreibung und Euthanasie an – zu schützen. Der Papst nennt es „authentischer ganzheitlicher Humanismus“, der heute wieder verlangt ist.

Ähnlich wie die Affäre um die Piusbruderschaft den Vatikan erschüttert hat, sollte es nochmal zu einem neuen Skandal kommen. Gerade im Jahr des Priesters sind zahlreiche Missbrauchsfälle bekannt geworden. Benedikt beteuert seine Scham und Reue für die Opfer und trifft auch einige auf seinen Reisen. Zudem räumt er ein, dass es Fehler bei der Auswahl der Kandidaten gegeben haben muss und viele Täter durch Vertuschung einen Skandal vermeiden wollten. Doch solche Verbrechen sind nicht mehr nur eine persönlich schwere Sünde, sondern müssen vor Gericht aufgearbeitet werden.

Und als ob es mit den angeführten Erschütterungen des Pontifikats nicht genug wäre, kam zwei Jahre später die Vatileaks-Affäre hinzu. In den vertraulichen Dokumenten, die veröffentlicht wurden, hieß es, dass im Vatikan nur Heuchelei, Korruption und Amtsmissbräuche herrsche. Die Presse spekulierte heftig. Intrigen und Verschwörungen wurden dem Vatikan durch die Medien nachgesagt. Letztendlich war die undichte Stelle der Kammerdiener Paolo Gabriele. Außerdem vertritt der Vatiakn weiterhin die offizielle Stellung, dass es sich um einen Einzeltäter handelt.

Bei all diesen unschönen Ereignissen und Skandalen fragt Kissler zu Recht, was als Vermächtnis Benedikts bleibt. Hierbei nimmt er in seinem letzten Kapitel nochmals Bezug auf den Anfang. War der Rücktritt schon im Voraus zu erahnen?

Gerade die letzten Ansprachen kreisen um ein Thema: die menschliche (eigene) Schwäche, die nur durch Christus gestärkt werden kann. Sogar in seiner ersten Botschaft nach der Wahl zum Papst meint Benedikt, dass er zunächst zu große Angst gehabt habe. Schließlich muss man seinen Schritt als Akt der totalen und radikalen Freiheit sehen und vielleicht als Anstoß zur Rückbesinnung der Kirche in Deutschland. Denn bald darauf verfasste Erzbischof Zollitsch ein Entschuldigungsschreiben an den Papst, in dem er auch seine Solidarität beteuert. Letztendlich werden wir doch nie ganz nachvollziehen können, wie es zu seinem Rücktritt kommen konnte.

Alexander Kissler
Papst im Widerspruch. Benedikt XVI. und seine Kirche 2005-2013
Pattloch 2013, 304 Seiten


Markus Reder über das Pontifikat Benedikts XVI.

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