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Die Freiheit des Christen

Von P. Engelbert Recktenwald

Im Galaterbrief schreibt der hl. Paulus, dass Christus uns zur Freiheit befreit habe (5,1). Die Freiheit ist also ein besonderes Kennzeichen und ein Vorzug des Christen. Wie meint das der hl. Paulus?

Es gibt eine Freiheit von etwas und eine Freiheit zu etwas. Zunächst einmal meint der hl. Paulus nur die erste Art der Freiheit, nämlich die Freiheit vom alttestamentlichen Gesetz. Er stellt im Galaterbrief die beiden Testamente, das alte und das neue Testament, einander gegenüber. Er sieht sie symbolisiert in den beiden Frauen Abrahams, Hagar und Sarah. Hagar war die Magd, Sara die Freie. Die Magd gebiert zur Knechtschaft. Die Christen aber, so Paulus, sind Kinder der Freien. Paulus warnt die Galater davor, sich wieder unter das Joch der Knechtschaft zu begeben. Mit diesem Joch meint er die Beschneidung, die ihrerseits die Pflicht zur Beobachtung des ganzen Gesetzes nach sich zieht. “Wenn ihr euch beschneiden lasst, so wird euch Christus nichts nützen. Ich bezeuge abermals einem jeden, der sich beschneiden lässt, dass er verpflichtet ist, das ganze Gesetz zu tun halten. Ihr habt Christus verloren, die ihr durch das Gesetz gerecht werden wollt, aus der Gnade seid ihr herausgefallen” (Gal 5,2-4).

Doch Freiheit vom alttestamentlichen Gesetz ist ja noch recht wenig. Auch die Heiden waren ja frei von diesem Gesetz. Die Freiheit, die uns Christus gebracht hat, muss schon ein wenig mehr sein. Welche Freiheit mag das sein?

Versuchen wir zunächst, die beiden genannten Freiheitsbegriffe zu verstehen.

Die Freiheit von etwas kann viele Formen haben. Aus meiner Gymnasialzeit kann ich mich an meinen Deutschlehrer erinnern, der politisch links stand. Damals in den 70er Jahren gab es in der Sowjetunion noch die Christenverfolgung durch das kommunistische Regime. Diese Christenverfolgung wurde hier im Westen von den Linken geleugnet oder kleingeredet. Als im Deutschunterricht einmal die Rede darauf kam, meinte unser Lehrer: “Naja, immerhin sind dort die Menschen dann frei von der Religion.” Das war eine eigenartige Definition von Religionsfreiheit. Mir wurde bewusst, was für ein schillernder Begriff die “Freiheit” ist und wie genau man hinschauen muss, was mit ihm im jeweiligen Kontext gemeint ist.

Der Logik dieses Lehrers folgend könnte ich auch sagen: Wenn ein Mensch Hunger leidet, ist er frei von Nahrung. Ein Verwandter von mir wurde einst von einem Zug überrollt und verlor beide Beine. Ich wäre nie auf die Idee gekommen zu sagen, er sei jetzt frei von seinen Beinen.

Ein Mangel an Nahrung schränkt die Freiheit ein. Er beschneidet die Möglichkeiten dessen, was ein Mensch normalerweise in ungeschwächtem Zustand tun kann. Wer seine Beine verloren hat, der hat die Freiheit zu gehen verloren. Welche Freiheit hat nun der verloren, der Christus verloren hat?

Die entscheidende Frage ist die nach dem Zweck unserer Freiheit. Wozu haben wir all das, was wir zur Freiheit benötigen? Die Beine geben uns die Freiheit zum Gehen. Aber wir können uns auch verirren und im unglücklichsten Fall in eine Situation geraten, wo wir so verloren und verzweifelt sind, dass es uns lieber gewesen wäre, wir hätten gar nicht erst die Freiheit zum Gehen gehabt. Die Nahrung haben wir, um uns zu ernähren, und wir ernähren uns, um zu leben. Aber wir können so leben, dass wir dabei unglücklich werden. Es gibt Menschen, die wünschen sich, nie geboren worden zu sein.

Freiheit ist also kein absoluter Selbstzweck, sondern eher so etwas wie ein Spielraum, der uns eröffnet wird und den wir füllen können. Aber ob wir dabei glücklich werden oder nicht, das hängt davon ab, ob wir das Ziel der Freiheit, den Sinn dieses Spielraums kennen und erreichen.

Die paulinische Freiheit vom alttestamentlichen Gesetz nutzt uns nichts, wenn wir ihr Wozu nicht kennen. Wie ist sie also gemeint? Bedenken wir, dass Paulus sagt, Christus habe sie uns gebracht. Sie ist also keine Erfindung des hl. Paulus, sondern ein Geschenk Christi. Und wie Christus sie gemeint hat, erkennen wir an der Szene mit den Pharisäern, wo er den Sinn des neuen Gesetzes gegenüber dem alten deutlich macht. Die Pharisäer verklagen seine Jünger bei ihm, sie würden essen, ohne sich vorher, wie im Gesetz vorgeschrieben, die Hände zu waschen. In seiner Antwort nimmt Christus seine Jünger in Schutz. Und er erklärt, worauf es ankommt: Nicht das, was durch den Mund hineinkommt und in den Magen gelangt, macht den Menschen unrein, sondern das, was aus dem Mund herauskommt. Denn das kommt aus seinem Herzen, und das sind böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsches Zeugnis, Lästerungen (Mt 15,19).

Hier erkennen wir, worauf es Christus ankommt: nämlich, ein gutes Herz zu haben, also ein guter Mensch zu werden. Das ist unsere Bestimmung. Nur, indem wir sie verfolgen, holen wir das Beste aus uns heraus. Unser Ziel ist die Heiligung. Wir heiligen uns, indem wir Gott und den Nächsten lieben. Heiligkeit und Liebe sind fast dasselbe. Beides ist Selbstzweck. Deshalb kann man dieses Verhältnis auch umgekehrt formulieren: Wir heiligen uns, damit wir Gott und den Nächsten besser lieben können. Die Heiligkeit besteht in der Vollkommenheit der Liebe. Am Liebesgebot hängt das ganze Gesetz und die Propheten, wie der Herr sagt (Mt 22, 39). Die Liebe ist das Band der Vollkommenheit (Kol 3, 14).

Das Ziel der Freiheit ist also die Liebe. Das mosaische Gesetz war zu einem großen Teil nur Mittel dazu. Der Fehler der Pharisäer bestand darin, aus diesem Mittel ein Ziel gemacht zu haben. Sie beobachteten das Gesetz äußerlich korrekt bis auf den Buchstaben, aber ihr Herz blieb böse, und deshalb nennt sie der Herr übertünchte Gräber (Mt 23, 27). Es war eine Gesetzesbeobachtung ohne Liebe.

Jesus Christus hat die Verhältnisse wieder richtig gestellt. Er hat uns eine neue Freiheit geschenkt, nämlich die Fähigkeit, das Gute aus Liebe zu tun, also auf eine Weise, dass es sogar vor Gott zählt; auf eine Weise, dass unser Herz Gott wohlgefällig wird. Dazu befähigt uns die Gnade. Die Gnade setzt uns frei. Johannes sagt, durch Moses kam das Gesetz, durch Jesus Christus die Gnade. Das Gesetz sagt: “Du sollst das Gute tun!”; die Gnade sagt: “Du kannst das Gute tun.” So wie wir Beine brauchen, um zu gehen, so brauchen wir die Gnade, um das Gute zu tun. Diese Gnade ist eine übernatürliche Fähigkeit. Sie gibt uns eine neue Freiheit.

“Übernatürlich”, das bedeutet, um im Bild zu bleiben: Christus hat uns nicht nur die Beine geheilt, damit wir unsere natürliche Freiheit zum Gehen wiedergewinnen, sondern Flügel geschenkt, damit wir eine neue Freiheit zum Fliegen empfangen.

Nun könnte man einwenden: Freiheit ist eigentlich etwas anderes, nämlich die Möglichkeit, das zu tun, was ich will. Da stellt sich wieder die Frage: Aber was will ich denn eigentlich? Und was soll ich wollen?

Die Philosophie hält auf diese Frage zwei verschiedene Antworten bereit. Die eine Antwort lautet: Es gibt ein Urgewissen in jedem Menschen, das unausrottbar ist und das jedem Menschen sagt: “Du sollst das Gute tun und das Böse meiden.” Man könnte das noch eine Stufe tiefer fassen und den Spruch so formulieren: “Du sollst das Gute wollen und das Böse hassen.” Für Platon war dieses Gute die höchste Idee. Dieser platonische Ansatz hat weitergewirkt über den hl. Augustinus und den hl. Anselm in die Theologie hinein.

Die andere Antwort lautet: Es gibt etwas, das wir sowieso immer schon wollen, nämlich das Glück. Wir können gar nicht anders, als in all unserem Wollen das Glück zu erstreben. Das liegt in unserer Natur. Und der Unterschied zwischen gut und böse liegt darin, wie wir uns dieses Glück vorstellen und wo wir es zu finden glauben. Es gibt Menschen, die eine sehr niedrige Vorstellung vom Glück haben. Sie suchen es im Reichtum oder in den sinnlichen Freuden oder im Machtbesitz. Gut dagegen wird der Mensch, wenn er sein Glücksstreben auf das wahre Glück richtet. Das ist der Ansatz des Aristoteles, der ebenfalls tief in die Theologie eingedrungen ist, und zwar über den hl. Thomas von Aquin. Das ist der sogenannte Eudämonismus.

Die eine Ethik geht also vom Glücksstreben des Menschen aus, das niemand leugnen kann. Die andere von die Erfahrung des Urgewissens, die ebenfalls niemand leugnen kann: Du sollst das Gute tun.

Und jetzt kommt die große Frage, die in der Philosophie in vielfältigsten Kontexten diskutiert worden ist: Deckt sich das denn immer?

Wenn wir unsere Erfahrungswirklichkeit befragen, dann scheinen wir die Frage verneinen zu müssen. Nehmen wir z.B. einen der von Jesus genannten Gedanken, der aus einem bösen Herzen kommt: Ehebruch. Warum begeht ein Mensch Ehebruch? Stellen wir uns die Situation vor, dass der unglücklich verheiratete Ehemann sich so in eine fremde Frau verliebt, dass er das Gefühl hat: Das ist die Frau meines Lebens. Wenn ich die nicht haben kann, dann bin ich um das Glück meines Lebens betrogen. In dem Moment hat er das Gefühl, dass das Gesollte, die Pflicht zur Treue, seinem Glück im Wege steht.

Oder: Wie viele Menschen gibt es, die in der Geschäftswelt den Kürzeren ziehen, weil sie ehrlich bleiben. Der Ehrliche ist der Dumme. Erfolg hast du nur, wenn du dieselben Methoden anwendest wie die Konkurrenz. Es lohnt sich nicht, gut zu sein. Wenn du immer nur gut, brav und ehrlich bist, gehst du unter.

Daraus ergibt sich: Das, was ich soll, und das, was ich will, Pflicht und Glück, das Gute und das Zuträgliche, gehen in dieser Welt oft ganz auseinander. Ich kann nicht beides haben. Es widerspricht sich. Und hier sagt nun Christus: Keine Sorge, ich habe die Welt überwunden. Dieser Widerspruch ist nur Schein. Denen, die Gott lieben, gereicht alles zum Guten. Das ist auch der Sinn jener Weisungen der Bergpredigt, die uns wie eine Zumutung vorkommen: Wenn dir jemand den Rock nimmt, gib ihm auch den Mantel. Wenn jemand dich zwingt, eine Meile mit ihm zu gehen, dann gehe zwei mit ihm. Damit will Jesus sagen: Lass dich vom Bösen eher ausbeuten als anstecken. Pfeif auf das Unrecht, das dir geschieht. Du bist nur vordergründig und vorläufig der Dumme. In Wirklichkeit wirst du dadurch, dass du am Guten festhältst, der Heilige, der Gerechte, der Held, der das Böse durch das Gute überwindet. Beim jüngsten Gericht wird das offenbar. Jetzt, in unserer Erfahrungswirklichkeit, ist dieser Zusammenhang zwischen Gutsein und Glück noch verborgen.

Das Streben nach Glück geschieht aus Natur. Das Verwirklichen des Guten aber ist ein Werk der Gnade. Diese Gnade gibt dir eine solche Freiheit, dass Du sogar die Kluft zwischen Glück und Gerechtigkeit überwindest. Ohne die Gnade wirst du unterliegen und ein Gefangener des Bösen werden. Mit der Gnade wirst du frei und ein Sieger.


Krude Fehlschlüsse

Deutliche Spuren eines solcher fundamentalen Missverständnisses finden sich auch im Grundtext des Synodalforums IV „Leben in gelingenden Beziehungen“, obwohl dessen pastoral motivierte Ausführungen zwangsläufig weit hinter dem Reflexionsniveau der theologischen Debatte um den Freiheitsbegriff zurückbleiben. Nicht nur ist das Unterfangen in sich widersprüchlich, die aus den Reformdebatten der 1970er Jahre hinlänglich bekannten Forderungen nach „wesentliche(n) Neuakzentuierungen der kirchlichen Sexuallehre“ (2) mit der empirisch haltlosen Behauptung plausibilisieren zu wollen, „dass kirchliche Sexualethik auch die Verbrechen der sexualisierten Gewalt in der Kirche begünstigt hat“ (2). Der Text changiert zudem zwischen kruden naturalistischen Fehlschlüssen und einem Freiheitsverständnis, das basale anthropologische Bestimmungen grundlos relativiert und den normativen Unterbau einer überzeugenden Orientierung am Ideal verlässlicher liebender Partnerschaftlichkeit einem gefährlichen Erosionsprozess aussetzt.

Aus: Franz-Josef Bormann, Hart umkämpfte Freiheit. Kontroversen um den Freiheitsbegriff in Texten des Synodalen Wegs, welt&kirche#18

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Recktenwald: Das Gewissen zwischen Vision und Illusion


Was macht dich besonders in den Augen Gottes?

Am 26. August 2023 habe ich auf einem Einkehrtag diesen Vortrag über jene tröstliche Wahrheit gehalten, die der hl. John Henry Newman einmal mit den Worten ausgedrückt hat: „Ich bin berufen, etwas zu tun oder zu sein, wofür kein anderer berufen ist.“
Ich wünsche jedem, der ihn hört, eine Bestärkung seines Glaubens an die ihm persönlich geltende Liebe, die Gott in seinem Herzen zu ihm trägt.

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