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Der Priester – ein Geheimnis der Liebe
Zu einer Primiz am Fest Christi Himmelfahrt

Von Luis Maria Martínez (1881–1956), Erzbischof und Primas von Mexiko

„Auffahrend in die Höhe führte er
gefangen die Gefangenschaft und schenkte
seine Gaben den Menschen.“ Eph 4,8

Alle Geheimnisse Jesu verbinden sich auf wunderbare Weise und kommen überein im unauslotbaren Geheimnis des Priestertums.

Und es ist logisch, daß das so ist. Auf der einen Seite ist der Priester ein zweiter Christus, und wenn das so ist, dann muß er auf geheimnisvolle Weise in seinem priesterlichen Leben die Geheimnisse des Lebens Jesu wiederum verwirklichen (reproducir). Auf der anderen Seite befindet sich das Zentrum des Lebens und der Sendung Jesu in seinem Priestertum. Folglich haben alle Geheimnisse Jesu ein Aroma und einen Sinn von Priestertum. Aus diesem Grund können wir die beiden Geheimnisse, die in diesen Momenten unsere Aufmerksamkeit wecken und unsere Frömmigkeit bewegen, in einem einzigen Gedanken auf natürliche Weise vereinen.

Mit der heiligen Kirche feiern wir das Geheimnis der wunderbaren Himmelfahrt des Herrn, das Geheimnis, das die Vollendung seines ganzen sterblichen Lebens bildet. Könnten wir jemals nachlassen, uns mit der Kirche zu freuen, zu freuen in diesem endgültigen Triumph Jesu? Könnten wir nachlassen, unsere Augen zu fixieren in jene geheimnisvolle Höhe, in die er unsere Herzen mit sich nahm?

Auf der anderen Seite schickt sich einer unserer Brüder heute an, zum ersten Mal das hochheilige Meßopfer zu zelebrieren. Könnten wir davon ablassen, unsere Blicke auf ihn zu richten? Könnten wir nachlassen, uns mit ihm heute zu freuen, dem Tag seiner Vermählung und der Freude seines Herzens?

Wir wollen also die beiden Geheimnisse vereinen und wir haben keinen Grund, auch nur einen Augenblick die Einheit des Gedankens zu verlieren, da sie doch wie zwei Facetten desselben Diamanten sind. Beide Geheimnisse, das der Himmelfahrt Jesu und das des Priestertums, können in derselben Formulierung ausgedrückt werden, die der heiligen Apostel Paulus den Psalmen entnimmt und so wunderbar erklärt: Auffahrend in die Höhe nahm er mit sich gefangen die Gefangenschaft und er schenkte seine Gaben den Menschen.

I.

Das ganze Geheimnis der Gnade, der Erlösung und der Heiligung der Seelen ist eingeschlossen – wenn man mir den Ausdruck erlaubt – in zwei Reisen, in zwei göttlichen Pilgerfahrten: das Wort Gottes, das herabsteigt, und das Wort Gottes, das hinaufsteigt, wobei es emporträgt, was es auf Erden einsammelt. So sagt es der Apostel Paulus: Wer ist der, der aufsteigt in den Himmel, wenn nicht der, der vom Himmel herabgestiegen ist?

Um in den Himmel aufzusteigen, ist es erforderlich, zuvor vom Himmel herabzusteigen. Wir elenden, ohnmächtigen, sündhaften Menschen, die wir in unserem Fleisch und in unserer Seele die äußerst traurigen Spuren der ersten Sünde tragen, hätten niemals den Weg kennen können, noch hätten wir die Kraft besessen, um zum Himmel aufzusteigen; aber derjenige, der im Himmel war, stieg zu uns herab und hat uns hinaufgetragen in seinen Händen, er nahm uns mit sich hinauf.

Haben wir nicht die Vögel gesehen, die sich in der Höhe bereithalten, mit spähendem Blick die Beute am Boden der Täler sehen, schnell herabstürzen, sie an sich reißen und mit sich hinauftragen? Da ist es, was das Wort Gottes getan hat: aus den Höhen seiner göttlichen Natur sah es uns wie seine Beute, Beute seiner Liebe, Beute seiner Barmherzigkeit, und sein unendlich Herz ward nicht nur von Mitleid erfüllt, von Liebe zu uns, sondern es war so töricht, sich in unsere Armseligkeit und unser Elend zu verlieben. Und es stieg zur Erde herab und ergriff mit seinen heiligsten Händen jene Beute, setzte sie auf sein Herz und wandte sich wiederum empor zu den göttlichen Höhen, von denen es herabgestiegen war.

Da nämlich Jesus Christus zum Himmel auffuhr, fuhr er nicht allein hinauf, sondern nahm uns mit sich empor; seit dem Zeitpunkt nämlich, da das göttliche Wort in diese Welt gekommen war und sich mit unserer armseligen Natur verbunden hatte, konnte sich das Geschick Jesu und unser eigenes Geschick nicht mehr trennen: Er folgt unserem Schicksal und wir folgen dem seinen. Bis zu dem Grad, daß wir an all seinen Geheimnissen teilnehmen.

Die heilige Kirche ist darum besorgt, uns in ihrer Liturgie zu sagen, daß die Geheimnisse Jesu für uns da sind, nicht nur als Erinnerungen, sondern als wirkliche Ereignisse. So stimmten wir an Weihnachten diesen herrlichen Gesang an: Christus ist für uns geboren; und für uns lebte er 30 Jahre auf der Erde; und für uns verbarg er sich in Nazareth; und für uns predigte er an den Ufern des Sees Tiberias; und für uns starb er auf Kalvaria.

Der hl. Ambrosius sagt (De fide resurrectionis, post medium), daß in Christus die Welt auferstanden ist, der Himmel auferstanden ist, die Erde auferstanden ist. Schon könnte Jesus nichts mehr allein tun, wir sind mit Ihm vereint; und alles, was Er tun wird, das werden auch wir tun; und wohin immer Er geht, dahin werden auch wir mit Ihm gehen.

Deshalb geht er bei seiner Himmelfahrt nicht allein, das Wort Gottes nimmt seitdem unsere eigene Natur mit sich, mit der es sich hypostatisch vereint hat. Zum ersten Mal erschien im Himmel diese Frucht der Erde: ein menschlicher Leib, eine menschliche Seele. In jenen erhabenen und geheimnisvollen Räumen gab es nicht anderes als Geister; seit dem Tag, da Jesus zum Himmel auffuhr, gab es auch einen Leib und eine Seele, unsere armselige menschliche Natur und einen Hof von Seelen, die auf ihre Erlösung harrten im Schoß Abrahams.

Da Jesus aufsteigt, steigen wir alle zum Himmel auf – grundsätzlich und von Rechts wegen; wäre Jesus nicht aufgestiegen, so hätte niemand aufsteigen können. Weil Er aufsteigt, steigen wir auf: deshalb sagt die Hl. Schrift, daß er beim Aufsteigen in den Himmel mit sich gefangennahm die Gefangenschaft.

Wir waren Gefangene des Teufels auf Grund der Sünde; aber Jesus entriß ihm seine Beute, indem er den Teufel besiegte; und so wie man die Besiegten an den Triumphwagen der Sieger fesselt, so band uns Jesus mit den Banden der Liebe, mit den heiligen Bindungen der Caritas an seinen Triumphwagen, und so begleiten wir ihn bei seinem siegreichen Eingang in den Himmel. Wir sind Gefangene der Liebe, Jesus kam und raubte unser Herz.

Aber Jesus nahm nicht nur die arme Menschheit hinauf, sondern er nahm auch bestimmte Früchte unserer Abstammung mit hinauf, von denen wir niemals gedacht hätten, daß sie zum Himmel aufsteigen könnten: in gewisser Weise nahm er unser Leid hinauf. Sehen wir nicht an der auferstandenen Menschheit unseres Herrn Jesus Christus die heiligsten Wundmale seiner Hände, seiner Füße, seiner Seite, die Spuren des Leids? Es ist das verewigte Leid, geheiligt, gewissermaßen vergöttlicht, das da in den Himmel aufsteigt. Dort gab es Blumen der ewigen Liebe, Blumen immerwährender Freude; aber das Leid war noch nie aufgetaucht. Bei seinem Abstieg zur Erde nahm es Jesus mit sich und wollte, daß es ewig im Himmel sei, kristallisiert und verewigt in seinen heiligsten Wundmalen.

Und für mich gilt, daß er mit seinem eigenen Leid auch all unsere Leiden mit hinaufgenommen hat, daß in jenen heiligsten Wundmalen auf irgendeine Weise alle unsere Mühen, alle unsere Schmerzen geheiligt sind.

Und wenn wir in den Himmel kommen, am Tag der Auferstehung, wenn unsere sterblichen Leiber auf den allmächtigen Ruf des Herrn hin auferstehen, dann werden auch wir eintreten, indem wir an unseren armseligen Leibern die Spur unserer Leiden tragen. Der Himmel wird eine Art von Garten sein mit allen Blumen der Liebe, des Leides und der Reinheit.

Wie ein Reisender, der in ein entferntes und geheimnisvolles Land kommt und der aus ihm zur Bewunderung für all seine Angehörigen exotische Blumen mitbringt, die er sorgsam gepflückt und aufbewahrt hat, so nahm Jesus bei seiner Auffahrt in den Himmel die Blumen der Erde mit sich, die erlesenen Blumen des Leids.

Aber es drängt mich sofort hinzuzufügen, daß es nicht nur eine Erinnerung war, die Jesus in seinen heiligsten Wundmalen bei seinem Eintritt in den Himmel nehmen wollte: seine Wundmale haben eine priesterliche Bedeutung, sie sind in gewisser Weise die Krönung und die Vollendung des Kreuzesopfers.

Der hl. Paulus erklärt mit Sorgfalt dieses Geheimnis: der Apostel sagt, daß so wie im Alten Bund der Hohepriester an einem Tag im Jahr das besondere Opfer dargebracht hat und mit dem Blut des Schlachtopfers in den Händen in das Allerheiligste eintrat, so trat Jesus nicht mit dem Blut der üblichen Schlachtopfer, sondern mit seinem eigenen Blut eines Tages in das Allerheiligste ein (nicht von Menschenhand gemacht, sondern in den Schoß des himmlischen Vaters selbst), indem er an seinen Händen, an seiner Seite, an seinen Füßen sein kostbares Blut trug, das er beim Opfer auf Kalvaria vergossen hatte, damit es von dort aus herabsteige, umgewandelt in herrliche Gaben.

Die Himmelfahrt des Herrn ist der Eintritt Jesu in das Allerheiligste. Entsprechend dem alten Gesetz mußte Jesus an seinem heiligsten Leib die Spuren seines Blutes tragen. Und solange er dieses kostbare Blut nicht seinem himmlischen Vater bei seinem Eintritt in den Himmel vorwies, war sein Opfer nicht vollendet; und erst als sein Opfer vollendet war, konnte der Heilige Geist gesandt werden.

Am Abend vor seinem Leiden sagte Jesus seinen Jüngern: „Weil ich euch gesagt habe, daß ich weggehe, hat Traurigkeit euer Herz erfüllt. Aber ich sage euch die Wahrheit: wenn ich nicht weggehe, wird der Heilige Geist nicht zu Euch kommen.“ (Joh 16, 6f) Das Kommen des Heiligen Geistes ist die kostbare Frucht des Kreuzesopfers.

Und damit diese Frucht Reife und Würze erlange, mußte eben jenes Opfer vollständig erfüllt werden, so daß Jesus in das Allerheiligste des Himmels eintreten könnte. Deshalb nahm er bei seiner Himmelfahrt nicht nur die Gefangenschaft mit sich gefangen, sondern er sandte aus jener Höhe seine Gaben den Menschen – oder um es besser zu sagen: die Gabe Gottes, die Gabe schlechthin, den Heiligen Geist.

II.

Diese kleinen Andeutungen genügen schon, um zu verstehen, daß die ganze Heilsordnung der Gnade und der Erlösung in diesen göttlichen Pilgerfahrten enthalten ist: im Wort Gottes, das vom Himmel herabsteigt, und in dem Wort Gottes, das zum Himmel aufsteigt, wobei es die ganze Menschheit mit sich hinaufnimmt.

Aber Jesus hinterließ, da er zum Himmel auffuhr, auf Erden das Geheimnis dieser zwei Pilgerfahrten: er lehrte den Priestern den Weg, um vom Himmel herabzusteigen und zu ihm aufzufahren.

Und der Priester ist als eine neue Verwirklichung des Lebens Jesu nichts anderes als eben diese beiden Pilgerfahrten: der Priester steigt zum Himmel auf und der Priester steigt vom Himmel herab. Er steigt zum Himmel auf, wobei er ebenso die Gefangenschaft gefangen nimmt; er ist ein kleiner Adler, ähnlich dem göttlichen Adler, der herabsteigt und die Beute raubt und sie in seinem Herzen hinaufträgt – und der dann von dort herabsteigt mit seinen vom Heiligen Geist gefüllten Händen.

Das Geheimnis des Priesters ist nichts anderes als dieser Aufstieg und dieses Herabkommen. Einstens, als die Hände des Bischofs noch nicht auf das Haupt des Priesters gelegt waren, da kannte er die Wege des Lebens, die Pfade der Wissenschaft und der Kunst, die Pfade der Freude und des Leids, und vielleicht ging er auch den Weg des Frevels. Nun hat er kein Recht, einen anderen Weg zu kennen als den einen, der von der Erde zum Himmel führt.

Im Grunde hat der Priester nur noch diese beiden Aufgaben: aufsteigen und herabsteigen, zum Himmel aufsteigen und zur Erde herabsteigen. Zum Himmel aufsteigen, indem er Seelen hinaufträgt, indem er das Leid hinaufträgt, indem er Schmach hinaufträgt, indem er an seinem Leib und in seiner Seele die Spuren des Opfers hinaufträgt; aufsteigen, um mit sich alle Seelen und alle Herzen zu Jesus zu tragen.

Die zweite Aufgabe des Priesters ist es, vom Himmel herabzusteigen, wobei er den Heiligen Geist mit sich bringt, um ihn auszugießen in die Herzen. Die eigentliche Aufgabe des Priesters ist es, Jesus zu schenken, Gott zu schenken: der Priester kennt keine andere Aufgabe und darf keine andere kennen, Gott allein weiß er zu geben. Die einen geben ihn unter dem herrlichen Gewand der Redekunst, andere unter der groben Hülle der Einfältigkeit bis hin zur Vulgärsprache. Was bedeutet schon die Hülle, wenn diese Hülle Gott in sich einschließt!

In wenigen Augenblicken wird dieser Neupriester die Stufen zum Altar hinaufsteigen. Ist es nicht so: zum Altar hinaufsteigen bedeutet so viel wie zum Himmel hinaufsteigen? Ist der Himmel nicht Gott selbst, der Schoß des Vaters, das heiligste Herz Jesu, die Salbung des Heiligen Geistes?

Bei Jesus sein bedeutet im Paradies sein, sagte der Autor der Nachfolge Christi, und er sagte es aus einer ganz innigen, einer ganz liebreichen Erfahrung. Am Altar wird das Wort des Priesters das göttliche Wort vom Himmel herabsteigen lassen, so wie es vor zwanzig Jahrhunderten herabstieg in den unbefleckten Schoß Mariens, damit es wiederum emporsteige zum Himmel, beladen mit Herzen und Seelen. Auf diesen Altar wird Jesus herabsteigen, und mit ihm der Vater und der Heilige Geist, auf diesem Altar wird der Himmel sein, verhüllt, aber doch der Himmel.

Nach der hl. Wandlung gibt es ein geheimnisvolles Gebet, in dem der Priester mit auf dem Altar gefalteten Händen, tief gebeugt den Herrn bittet, daß er herabsteige und jene Gaben emportrage und vor das Angesicht des Allerhöchsten stelle, damit sodann ein Regen von himmlischen Gnaden über alle, die an der hl. Messe teilnehmen, herabströme: Gebiete, Herr, daß dein Engel komme und daß er diese Gaben nehme und sie trage vor das Angesicht deiner göttlichen Majestät.

Das ist die geheimnisvolle Offenbarung des Altares im Himmel. Der Engel des Herrn steigt auf zum Himmel, aber er steigt nicht allein auf. Wenn der Priester zum Altar emporsteigt, dann steigt die Kirche mit ihm hinauf, mit ihm steigen hinauf die Seelen, ihre Bittgebete, ihre Nöte, ihre Leiden und ihre Tränen. Der Priester geht hinauf zum Altar unter diesem erdrückenden Gewicht, aber er lädt es ab im Herzen des unbefleckten Schlachtopfers und er bittet sodann, daß der heilige Engel Gottes herabsteige und all jene Gaben bis zum erhabenen Altar des Himmels emportrage. In diesem Augenblick des Kanons wird das eucharistische Opfer vollzogen.

Folglich steigt der Priester herab. Dieser Priester, unser Bruder, wird in wenigen Augenblicken vom Altar herabsteigen mit seinen von himmlischen Gaben erfüllten Händen, mit seinem Herzen voll vom Heiligen Geist und er wird sie ausgießen über die Gläubigen, damit sie erfüllt seien vom Segen Jesu Christi.

Und wir sollen nicht meinen, daß sich jener Aufstieg nur am Altar ereigne; nein, er verwirklicht sich immer. Was soll das Geheimnis der Predigt anderes sein? Vielen meinen, es sei eine Form der Redekunst, so daß man für das Predigen nur auf die geistlichen Dinge anwenden muß, was einem die Rhetoriker lehren. Das ist nicht die christliche Predigt.

Der heilige Apostel Paulus sagt: Ich will die Glaubenden durch die Torheit der Predigt retten. Die allgemeine Redekunst der Erde kann verkommen bis zu mancher Lächerlichkeit oder ein wenig Langeweile – aber warum sollte sie sich Torheit nennen, wenn sie doch mit der Vernunft übereinstimmt? Aber der Priester spricht niemals, wie der hl. Paulus sagt, mit überzeugenden Worten von Menschen, sondern mit der Bezeugung der Kraft Gottes. Wenn er einige Beredsamkeit der Welt besitzt, so ist das zweitrangig.

Worin besteht also das Geheimnis der Predigt? Der Prediger ist ein Mensch, der aufgestiegen ist in die Höhe der Betrachtung, der vernommen hat, wie sein Geist und sein Herz eingetaucht sind in das göttliche Licht, und der aus der Fülle der Betrachtung einige Worte auf die Erde fallen läßt. Die Predigt soll nichts anderes sein, als die Brosamen, die vom großartigen und göttlichen Festmahl der Betrachtung fallen; das ist es: die Predigt soll das Geheimnis des Aufsteigens und Herabsteigens vom Himmel sein. Um zu predigen muß der Priester zum Himmel der Kontemplation aufsteigen.

Die Betrachtung ist der Himmel, denn da ist Gott, denn da sehen wir ihn mit den Augen unseres Herzens, denn da berühren wir ihn mit den Händen unserer Hoffnung, denn da umfangen wir ihn mit der festen Umarmung der Liebe. Und von diesem Himmel der Betrachtung steigt der Priester herab, so wie Moses vom brennenden Gipfel des Sinai herabstieg, wobei er an seinem Haupt die Zeichen seiner Begegnung mit Gott trug und in seinem Herzen etwas Göttliches. Geschah es nicht manchmal, da wir uns einem Priester nahten, daß wir irgendein – ich weiß nicht, was für ein – Aufleuchten der Herrlichkeit gespürt haben? Es ist, daß er vom Himmel kommt und immer noch die Erinnerung jenes Landes mit sich bringt und daß er kommt, um den Menschen Gaben der Liebe zu geben. Das Geheimnis der Predigt ist nichts anderes als das Geheimnis eines Aufstiegs und eines Abstiegs vom Himmel.

Und was anderes ist das Geheimnis der Seelenführung, wenn nicht eben dieses selbe Geheimnis? Man könnte auf den ersten Blick meinen, daß die Priester die Seelen führen können, weil sie intelligent sind, aufgeklärt, voll von Erfahrung, geeignet, weise, geistliche Erzieher, die die Einteilungen gelernt haben, um die Seelen zu kennen und die Formeln, um ihnen zu raten.

Keineswegs! Der Priester kann die Seelen führen, so wie er predigen kann und so wie er die Messe feiern kann: weil er vom Himmel herabgekommen ist und etwas Göttliches in seiner Seele trägt. Um zu führen, muß er zuerst zum Himmel aufsteigen, aufsteigen zum Gipfel der Vollkommenheit, zu diesem Himmel, in dem Gott sich befindet, zu jenem Gipfel, von dem man die Worte des heiligen Paulus wiederholen kann: Wer kann zum Himmel aufsteigen außer dem, der vom Himmel herabgestiegen ist?

Und nur dann, wenn er von jenem Gipfel herabgestiegen ist, kann er die kleinen, aber nach Vollkommenheit gierigen Seelen bei der Hand nehmen, um sie auf jene von Geheimnissen erfüllten Pfade zu führen, bis hin zu dem Gipfel, von dem der Priester herabgestiegen war.

Und so könnte man fortfahren zu erklären, wie sich alle Aufgaben des Priesters auf diese eine zurückführen lassen: der Priester muß im Himmel wohnen; und er kann nur dazu auf die Erde herabkommen, um die Seelen mit sich zu nehmen und um in ihnen die großartigen Gaben Gottes auszugießen.

Schon kennst du deine Mission, oh Priester: dein Leben darf nichts anderes sein als jener Aufstieg und jenes Herabkommen.

Wenn du vor dem jetzigen Zeitpunkt andere Pfade gelernt hast, so vergesse sie! Du darfst nämlich nichts anderes mehr kennen als diesen königlichen Weg: den, der zum Himmel führt. Du mußt immerfort zum Himmel des Altares hinaufsteigen; steige von Tag zu Tag mit mehr Liebe, mit mehr Heiligkeit hinauf! Du wirst auch in den Himmel der Betrachtung hinaufsteigen, und es kommt darauf an, daß deine Flügel wachsen, damit dein Flug von Tag zu Tag schneller sei, gewaltiger und glücklicher. Schließlich wirst du emporsteigen zum Himmel der Vollkommenheit, für den du unermüdlich arbeiten sollst bis zur vollständigen Verwirklichung des göttlichen Idealbildes.

Aber du steigst nicht allein empor. Die Priester, so wie Jesus, können nicht allein sein, da mit ihnen das Schicksal anderer Seelen verknüpft ist, und wohin er wünscht, daß sie gehen, dorthin muß man sie bringen.

Komm herab auf die Erde, komm herab, damit du die Beute nehmest, die von Jesus geliebte, und damit du in deinem Herzen die Seelen tragest, die du zum Himmel zu führen hast, bis hin zum Angesicht des Allerhöchsten, zum unermeßlichen Schoß des Vaters.

Komm herab, komm herab, um den Seelen die Gaben des Himmels zu bringen, die einzige Gabe Gottes, den Heiligen Geist, der da ist die unauslotbare Quelle aller Gaben.

Aufsteigend und herabsteigend wirst du unermeßlich Gutes wirken an den Seelen, du wirst Jesus nachfolgen, du wirst sein göttliches Herz trösten und den Vater im Himmel verherrlichen.

Und eines Tages, der nicht sehr fern sein wird [vielleicht war die Verfolgung der Priester unter Calles schon vorauszusehen], wenn du zum letzten Mal den Weg von der Erde zum Himmel zurückzulegen hast, wirst du eine äußerst liebliche Stimme hören, die dir sagt: „Du guter und getreuer Knecht, da du über Weniges treu gewesen, werde Ich dich über Vieles setzen“ und dann wird der göttliche Adler, der da ist Jesus, deine im Leid gereinigte Seele nehmen und sie dem Angesicht des Allerhöchsten vorstellen, damit du für immer eintretest in die Freude deines Herrn.

Die Übersetzung besorgte P. Franz Prosinger


Zum Thema:

P. Walthard Zimmer: Die Aufgabe des Priesters ist zu konsekrieren


Jetzt wird auch noch Corona instrumentalisiert

Man wird am Ende den Verdacht formulieren müssen, dass das temporäre Versammlungsverbot in der Corona-Krise als Reformkatalysator instrumentalisiert wird. Die Debatte ist – bei aller berechtigten Kritik am Klerikalismus – nicht selten auch von antiklerikalen Affektlagen geleitet, die die Wertschätzung für den Dienst der allermeisten Priester vermissen lässt. Anstatt dankbar anzuerkennen, dass Priester den Laien geben können, was diese sich nicht selbst zu geben vermögen, werden Messfeiern ohne Gläubige nicht nur als priesterzentriert kritisiert, sondern auch als vorkonziliar diffamiert. Jeder, der die Dokumente des II. Vatikanischen Konzils aufmerksam gelesen hat, weiß, dass diese Kritik nicht zutrifft.

Aus: Jan-Heiner Tück, Warum Do-it-yourself-Messen keine Antwort auf die Krise sein können. Tück bezieht sich auf Vorschläge von Theologen, die Eucharistie zu Hause ohne Priester zu feiern.


Von Gott erkannt werden

Meine Predigt zum Sonntag vom Guten Hirten.

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