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Katholische Wahrheit und katholisches Dogma

Von Matthias Joseph Scheeben

416 Nicht alle Lehren, welche von Gott als Inhalt seiner Offenbarung der Kirche anvertraut sind und zu ihrem depositum gehören, oder welche überhaupt als theologische Lehren dazu geeignet und bestimmt sind, von der Kirche vorgetragen zu werden, werden darum auch stets von ihr durch praedicatio manifesta allgemein zu glauben oder zu halten vorgeschrieben und als Glaubensnorm geltend gemacht. Diejenigen, welche tatsächlich in dieser Weise geltend gemacht werden, führen darum im Gegensatz zu den andern den engeren Namen katholische Wahrheit im strengeren Sinne des Wortes (veritas catholica = allgemein gültige und verbindliche Wahrheit, von einigen, z. B. Holden und Chrismann, auch veritas canonica genannt), oder kirchliches Dogma im weiteren Sinne des Wortes (dogma ecclesiasticum = vorschriftsmäßige Lehre der Kirche, zu deren zweifellosen Annahme jedes Glied der Kirche als solches ebenso verpflichtet als berechtigt ist). Inwieweit diese Lehren als ausdrückliche Offenbarungswahrheiten bezeugt und geltend gemacht und folglich als Gegenstand des göttlichen Glaubens vorgelegt werden, heißen sie katholische Glaubenswahrheiten (veritas fidei catholicae), oder Glaubensvorschriften, oder Glaubenslehren (dogmata fidei, resp. dogmata divina), oder auch Dogmen schlechthin im engeren und strengen Sinne des Wortes. Im entgegengesetzten Falle, wo sie nämlich bloß als theologische oder zur Integrität des Glaubens gehörige Wahrheiten vorgetragen und geltend gemacht werden, heißen sie einfach katholische Wahrheiten oder Lehren (veritates catholicae oder doctrinae ecclesiasticae, resp. ecclesiae catholicae).  – Letzterer Ausdruck wird sowohl generisch, als die Wahrheiten beider Klassen einschließend, wie auch spezifisch für die zweite gebraucht. Die zweite Klasse umfaßt dann wieder die beiden Arten der theologischen Wahrheit, welche oben §6 erklärt wurden, nämlich sowohl diejenigen, welche causaliter, wie diejenigen, welche bloß finaliter theologisch sind: und so wird auch der Name doctrina catholica bald auf beide, bald auf eine der beiden Arten bezogen. Es empfiehlt sich, die der ersteren Art veritas catholica theologica, die der zweiten veritas pure catholica zu nennen.

Obgleich alle drei Arten der veritas catholica unfehlbar und daher negativ gleich zweifellos gewiß sind, so bleibt doch der positive Grund und darum die eigentümliche positive Beschaffenheit und Intensität der Gewißheit verschieden. Darum heißen die ersten schlechthin doctrinae de fide, ipsa fide catholica credendae, die zweiten einfach fide, oder ex fide oder secundum fidem certae (d. h. von jedem Gläubigen auf Grund und infolge seiner fides catholica als notwendiges Resultat und Korrelat derselben mitanzunehmen und festzuhalten), die dritten schlechthin certae oder verae. Die zweite Art der Gewißheit wird bei vollkommener, d. h. positiver, direkter und richterlicher Vorlage durch die Kirche von vielen Theologen mit der ersten gleichgestellt, und so auch ihr Name als mit dem der ersten gleichbedeutend genommen.

417 Veritas catholica ist hier nach dem vorhergehenden Paragraphen formell nicht die bloß tatsächlich allgemein verbreitete, sondern die kraft eines die ganze Kirche beherrschenden Gesetzes allgemein mit Notwendigkeit anzuerkennende und unzweifelhaft festzuhaltende Wahrheit. In diesem Sinne sind virtuell alle im Depositum der Kirche enthaltenen Wahrheiten eo ipso schon katholisch, weil von Gott der Gesamtheit vorgeschrieben; aktuell werden sie es jedoch erst dadurch, daß die Kirche diese göttliche Vorschrift promulgiert und geltend macht. In einem laxeren Sinne (s. unten sub III.) nennt man veritas catholica eine Lehre, welche nicht mit strenger Evidenz, sondern bloß mit moralischer Gewißheit von der Kirche geltend gemacht erscheint. In noch laxerem Sinne oder vielmehr nicht positiv, sondern negativ nennt man veritas catholica eine Lehre, die nicht unkatholisch ist, d. h. nicht der allgemein gültigen Lehre zuwiderläuft, oder die man als guter Katholik unbeschadet der professio catholica annehmen kann, aber nicht annehmen muß. Die veritas catholica im ersten Sinne ist ein weiterer Begriff als der der veritas fidei catholicae, so daß, während die Leugnung dieser immer Häresie ist, die Leugnung jener einen ganz andern, und zwar sehr mannigfaltigen Charakter haben kann. So verlangte Martin V. in der Bulle „Inter cunctas“, daß die Wiclifiten und Hussiten beschwören sollten (art. 10): Die Sentenz des Konstanzer Konzils über die 45 Artikel des Hus und die 30 des Wiclif sei vera et catholica, und daß demgemäß die Artikel „non sunt catholici, sed quidam ex eis sunt notorie haeretici, quidam erronei, alii temeraii et seditiosi, alii piarum aurium offensivi“.

418 Dogma, griechisch dogma (von dokein = glauben, meinen, dafürhalten, besonders auch in entscheidender Weise dafürhalten = censere, arbitrari, daher = decernere, statuere, wie das intransitive placet oder visum est Spiritui Sancto et nobis, wofür Apg. 15,25 und 28: edoke), bezeichnet in der Schrift und Kirchensprache keine bloße Meinung oder subjektive Überzeugung, sondern Verordnung, Gesetz (Apg. 16,4) = griechisch kanon, besonders aber, wie analog schon bei den alten Philosophenschulen, einen für eine Gemeinschaft autoritativ festgestellten Lehrsatz, im Gegensatz einerseits zu Privatüberzeugungen, anderseits zu disziplinären Feststellungen. Singulär ist der Gegensatz "dogma" zu "kerygma" bei Basilius (De Spir. S. c. 27), als wenn jenes die esoterische, dieses die exoterische Lehre bezeichnete. Sonst sind beide Ausdrücke durchgängig als identisch gebraucht.

419 Das von Gott und Christus Geoffenbarte ist als solches sofort dogma divinum oder christianum. Inwiefern es von den Aposteln autoritativ niedergelegt wurde, ist es ferner dogma Apostolicum und wird, wenn von der Kirche promulgiert, auch in vollem Sinne dogma ecclesiasticum. Das divinum ist als solches schon objektiv und an sich ecclesiasticum, weil es 1) eben für die Kirche gegeben ist und in der Kirche stets, wenigstens implicite oder auch von einem großen Teile derselben explicite, geglaubt  wird, ohne jedoch darum immer allgemein vorgeschrieben zu werden, und weil es 2) die oberste und ursprüngliche Regel ist, wonach die Kirch bei ihrer Feststellung verfährt; umgekehrt ist das ecclesiasticum auch als solches in seiner Weise divinum, weil es kraft göttlicher Autorität und unter göttlicher Assistenz festgestellt wird. Dogma schlechthin ist in der Kirchensprache dasjenige, was zugleich im vollen Sinne divinum, apostolicum und ecclesiasticum ist, was also durch göttliche Offenbarung unmittelbar festgestellt und als solches auch von der Kirche unbedingt und allgemein festgestellt resp. festgehalten wird (kirchliche Glaubenslehre = dogma fidei divinae et catholicae). Das dogma mere divinim, dem die zweite Bedingung und damit die allseitige Feststellung abgeht, heißt wegen Abgangs dieser Form, für die es jedoch an sich empfänglich ist und zu der es sich entwickeln soll, bei den Neueren dogma materiale, bei den Älteren dogma quoad se (z. B. S. Thom., In ep. ad Rom. c. 14, l. 3) und wird durch den Hinzutritt jener Bedingung auch dogma formale oder quoad nos. Fehlt die erste Bedingung oder wird sie in der zweiten nicht bestimmt hervorgehoben, indem die Kirche eine Wahrheit zwar autoritativ lehrt, aber nicht ausdrücklich als Gottes Wort bezeugt: so wäre die so festgestellte Lehre, um sie von dem Dogma schlechthin zu unterscheiden, als dogma mere ecclesiastica zu bezeichnen, wenn nicht der Sprachgebrauch es mit sich brächte, daß eben das divinum et catholicum auch als Dogma schlechthin bezeichnet zu werden pflegt. Wo es sich um andere kirchlich feststehende resp. richterlich festgestellte Wahrheiten handelt, nennt man daher nur das betreffende kirchliche Urteil dogmatisch (iudicium dogmaticum), nicht aber den Inhalt desselben Dogma, außer etwa bei den zur weiteren Entwicklung der Glaubenswahrheiten dienenden theologischen Konklusionen, wo deren Inhalt positiv und direkt richterlich von der Kirche festgestellt und so nach der oben im Texte erwähnten Ansicht vieler Theologen in das obiectum fidei hinübergenommen wird.

Die nicht formell und kategorisch als Gottes Wort, aber doch authentisch und mit Nachdruck proponierten Lehren nennt man einfach doctrina ecclesiae catholicae im spezifischen Sinne dieses Wortes, weil sie von der Kirche eben in ihrer Eigenschaft als Lehrerin – im Gegensatz zu Zeugin – vorgetragen werden. (So Pius IX., Ep. ad reg. Sardin. 9. Sept. 1852: „Dogma fidei est, matrimonium a D. N. J. C. elevatum esse ad dignitatem sacramenti, et est doctrina ecclesiae catholicae, sacramentum non esse qualitatem accidentalem contractus.”) Es steht jedoch nichts im Wege, daß auch solche Wahrheiten, welche, wie die eben erwähnte, Dogmen im strengsten Sinne des Wortes sein könnten und es später werden, also dogma materialia sind, zeitweilig nur als doctrina ecclesiae catholicae geltend gemacht werden. Wie in diesem Falle die doctrina catholica zugleich doctrina divina ist, so sind auch alle im engeren Sinne theologischen Wahrheiten als direkt zur doctrina divina oder christiana gehörig zu betrachten, während die pure catholicae nur indirekt dazu gehören.

II. Mannigfaltigkeit und Einteilung der eigentlichen Glaubensdogmen.

420 Dieselben können verschiedentlich eingeteilt werden, sowohl A. materiell, hinsichtlich ihres objektiven Verhältnisses zur göttlichen Offenbarung, als B. formell, hinsichtlich ihrer Promulgation durch die Kirche, und C. moralisch, hinsichtlich der Verpflichtung, von ihrem Inhalte Kenntnis zu nehmen.

421 A. In der ersten Hinsicht gehören hierhin fast alle die Verschiedenheiten und Einteilungen, welche oben (§ 6 sub. I.) bezüglich des Inhaltes der Offenbarung gemacht wurden. Nur mit der Ausnahme, daß die res per accidens revelatae (resp. die als per accidens revelatae erscheinenden) an sich, materiell und distributiv, wie sie nicht direkter Gegenstand der eigentlichen Lehrverkündigung sind, so auch nicht unter die Dogmen gehören; es ist bloß Dogma, daß die Heilige Schrift in ihrem wahren Texte „ indubiam per omnia veritatem“ enthält. Daher verfehlt man sich durch die Leugnung solcher Dinge nur insofern gegen das Dogma, als diese Leugnung entweder bewußt und absichtlich, oder doch tatsächlich unter gegebenen Umständen die Behauptung einschließt, die Heilige Schrift sei an sich in irgendeinem Satze falsch.

422 So konnte z. B. vor Zeiten die Leugnung der Bewegung der Sonne um die Erde, obgleich diese Bewegung kein Dogma ist und sein kann und auch nicht wegen der Natur des Gegenstandes durch dogmatische Erklärung der Heiligen Schrift pro oder contra entschieden werden kann, gleichwohl einen Verstoß gegen das Dogma involvieren, inwiefern sie entweder von der ausdrücklichen Behauptung, die Heilige Schrift sei in den einschlägigen Stellen falsch, begleitet war, oder aber, solange eine vom eigentlichen Sinne abweichende Erklärung der Heiligen Schrift nicht hinreichend gerechtfertigt war, logischerweise nur durch Leugnung der Wahrheit der Heiligen Schrift gerechtfertigt werden konnte. Von diesem Gesichtspunkt aus sind namentlich die gegen die Galileischen Lehrsätze gefällten Zensuren zu verstehen.

7. Folge

423 B. Hinsichtlich der kirchlichen Vorlage und Sanktion zerfallen die Dogmen vor allem 1) in dogmata quoad se oder materialia und in dogmata quoad nos oder formalia (s. oben I., n. 419). – 2) Die formellen Dogmen, worauf es zunächst ankommt, zerfallen ihrerseits in dogmata non declarata, welche bloß durch kirchliches Gewohnheitsgesetz in Kraft stehen, und in dogmata declarata oder definita. Weil bei den letzteren im Gegensatz zu den ersteren sowohl der Ausdruck des Inhaltes fest formuliert als auch die gesetzliche Kraft formell ausgesprochen ist: so sind sie allerdings in speziellerem und vollerem Sinne dogmata formalia als die ersteren. Es wäre aber weit gefehlt und sehr verwirrend, darum sie allein als formelle Dogmen und demnach alle nicht deklarierten Dogmen bloß als materielle Dogmen gelten zu lassen, also diese Einteilung mit der vorhergehenden zu verwechseln, wie dies in neuerer Zeit vielfach teils aus Unklarheit, teils aus der bewußten Absicht, nur die formulierten Dogmen als vollgültig gelten zu lassen, geschehen ist. (Vgl. hierüber Kleutgen, Theologie der Vorzeit Bd. I, n. 57 ff.) – 3) Die formulierten Dogmen lassen sich wieder in dogmata symbolica oder non symbolica abteilen, je nachdem die Formulierung in einer für das allgemeine äußere Bekenntnis des Glaubens passenden und berechneten Form, oder bloß zur Klarstellung der fraglichen Wahrheit selbst geschieht. Weil die ersteren in der Regel zugleich die Fundamental- oder Stammwahrheiten des Glaubens enthalten, so haben sie vor den letzteren einen gewissen Vorzug, wie auch die Glaubenssymbole regulae fidei per excellentiam genannt werden. Unter ersteren ragen wieder die sogenannten articuli fidei hervor, als Glieder des im Apostolischen Symbolum niedergelegten corpus doctrinae.

Es handelt sich bei diesem Text um einen Ausschnitt aus Scheebens Handbuch der katholischen Dogmatik, Erstes Buch: Theologische Erkenntnislehre. Erster Teil: Die objektiven Prinzipien der theologischen Erkenntnis. C. Die Geltendmachung des Wortes Gottes durch den Lehrapostolat oder die kirchliche Regelung des Glaubens und der theologischen Erkenntnis, bestehend aus dem Fünften Hauptstück, das die §§ 28 bis 37 umfasst. Wir bringen hier § 29: Die kirchliche Regel des Glaubens und Denkens im objektiven Sinne: Katholische Wahrheit und katholisches Dogma. Einteilung und Kennzeichen derselben (umfassend die Randnummern 416-434). Den Vorgängerparagraphen 28 (Die katholische Glaubensregel im allgemeinen und speziell im aktiven Sinne) finden Sie hier auf kath-info. Angesichts des gegenwärtigen Umgangs mit dem Wort Gottes durch die römischen Autoritäten sind die Ausführungen Scheebens von höchster Aktualität.


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