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Die Jungfrau von Guadalupe und ihr Weg nach Mexiko

Von Carolin Holterhoff

Seit der Erscheinung der Jungfrau von Guadalupe in Mexiko im Dezember 1531 ist viel über dieses Ereignis geschrieben worden, besonders über das Bild auf der Tilma, welches sie hinterlassen hat. Wissenschaftliche Erkenntnisse beweisen die Echtheit des Bildes, das nicht von Menschenhand gemacht sein kann. Für die Katholiken ist Guadalupe zu einem der wichtigsten Pilgerorte der Welt geworden. Dabei darf aber nicht der Fehler gemacht werden, dieses Ereignis losgelöst von der geschichtlichen Entwicklung zu sehen, denn erst eingebettet in die Geschichte ergibt sich vor dem religiösen Hintergrund ein vollständiges Bild, welches den ewigen Kampf zwischen der Gottesmutter und ihrem Widersacher widerspiegelt.

Das aztekische Reich (die Azteken nannten sich selbst Mexica; der Begriff Azteken ist von ihrem mythischen Ursprungsort Aztlan abgeleitet und erst seit dem 19. Jahrhundert gebräuchlich) umfasste zu Beginn des 16. Jahrhunderts ca. 324.000 km² und reichte vom Pazifik bis zur Golfküste und von Zentralamerika bis nach Guatemala. Dort lebten ungefähr zwanzig Millionen Menschen, von denen fünfzehn Millionen unter aztekischer Herrschaft standen. Es wurden über hundert verschiedene Sprachen gesprochen, doch das Nahuatl der Azteken war die lingua franca. Seit 1502 n. Chr. herrschte Montezuma II. von der Hauptstadt Tenochtitlan aus, die

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Guadalupe: Wie Maria auch heute noch Wunder wirkt

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eine Insel im See von Texcoco war. Laut Legende hatten sich die Azteken hier niedergelassen, weil sie einen Adler gesehen hatten, der auf einem Feigenkaktus saß und eine Schlange im Schnabel hatte, wie ihr Stammesgott Huitzilopochtli es ihnen vorausgesagt hatte. Die Stadt, die inzwischen etwa dreihunderttausend Einwohner hatte, war über drei Dämme mit dem Festland verbunden. Ein Kanalsystem ähnlich wie in Venedig ermöglichte den Zugang mit Kanus zu den Häusern. Die schwimmenden Gärten (chinampas) waren eine Besonderheit, da sie künstlich angelegt waren und mit dem Schlamm vom Boden des Sees fruchtbar gemacht wurden. Da es in Tenochtitlan selbst kein Süßwasser gab, wurde es über ein Aquädukt vom Festland auf die Insel geleitet.

Von dieser Stadt aus hatten die Azteken viele der anderen ansässigen Stämme militärisch unterworfen, die zu Tributleistungen verpflichtet waren, die überwiegend aus Lebensmitteln, kunsthandwerklichen Produkten und Menschen bestanden. Die Menschen wurden zum Teil versklavt, aber der größte Teil von ihnen wurde den Göttern geopfert. Diese Religion ist schwer mit der Tatsache in Einklang zu bringen, dass die Azteken ein hochstehendes Volk mit entwickeltem Staatswesen, Justiz, Militär, Architektur, Bildung und Kultur waren.

Es gab eine Vielzahl von Göttern, denen Menschenopfer dargebracht wurden. Ihre Tempel standen auf den Plattformen von Pyramiden. Besonders zu erwähnen sind dabei Huitzilopchtli, ein Sonnen- und Kriegsgott, der auch der Stammesgott der Azteken war, und Tezcatlipoca, der Gott der Dunkelheit und auch der Hölle. Bei den Opferungsritualen wurden die Menschen auf einen Opferstein gelegt, mit einem Obsidianmesser wurde ihre Brust aufgeschnitten, das zuckende Herz herausgerissen und in einer Opferschale verbrannt. Die Gliedmaßen wurden zubereitet und verspeist. Als es in der Mitte des 15. Jahrhunderts zu mehreren Naturkatastrophen und Hungersnöten kam, nahm ein Priester des Huitzilopochtli namens Tlacaellel dies zum Anlass, die Zahl der Opfer zu erhöhen, mit der Begründung, dass die bisherigen Opfer ungenügend und die Götter erzürnt wären. Tlacaellel diente seinem Gott Huitzilopochtli unter vier Herrschern und gilt als Architekt des mexikanischen Reiches, wie die Spanier es vorfanden. Er ist auch der Erfinder der Blumenkriege, die in Friedenszeiten mit anderen Stämmen geführt wurden, um an Menschenopfer kommen, ohne die wirtschaftlichen Beziehungen zu stören. Dieser blutrünstige Kult erlebte einen Höhepunkt, als Tlacaellel im Jahr 1487 n. Chr. mit 89 Jahren den neuen Tempel des Huitzilopochtli einweihte. Laut dem Historiker Warren H. Carroll wurden in vier Tagen 80.000 Menschen im Akkord die Brust aufgeschnitten, das pochende Herz herausgerissen, der Körper die Tempelstufen heruntergestoßen, zerteilt, die Gliedmaßen als Speise für die Priester zubereitet und der Rumpf den wilden Tieren im Zoo des Herrschers zum Fraß vorgeworfen. Viele aus den verbündeten und unterworfenen Gebieten, vor allem die Adeligen, mussten anwesend sein, aber die meisten konnten den Anblick und den Gestank nicht ertragen. Es heißt, dass Tlacaellel als Einziger die ganze Zeit anwesend war (W. H. Carroll, Our Lady of Guadalupe and the Conquest of Darkness, S. 10).

Ungefähr zur gleichen Zeit wurde in Spanien Christoph Columbus zum ersten Mal bei Königin Isabella vorstellig, um Geld für eine Entdeckungsfahrt nach Indien zu bekommen. Isabella war interessiert, aber ihre Kräfte waren noch im Kampf gegen die Mauren gebunden. Diese waren im 8. Jahrhundert in Spanien eingefallen und hatten die Christen in arge Bedrängnis gebracht. Das christliche Spanien musste sich in einem 770 Jahre dauernden Kampf bewähren, bis 1492 schließlich die Mauren bei der Schlacht in Granada endgültig besiegt wurden. Die Spanier waren dadurch im 16. Jahrhundert mit großer Wahrscheinlichkeit die besten Soldaten Europas; sie waren kampferprobt, hatten keine Angst, hatten großes Gottvertrauen und waren glühende Verehrer der Muttergottes. Damit waren sie am besten gerüstet für die Aufgabe, die vor ihnen lag. Auch wenn viele von ihnen zu jung waren, um selbst gegen die Mauren gekämpft zu haben, waren sie doch beseelt von diesem Geist, der ihren Charakter geformt hatte.

Königin Isabella finanzierte die Reise des Columbus mit seinen Schiffen Santa Maria, Pinta, La Niňa. Er entdeckte die Karibik. Von Hispaniola aus wurden in den folgenden Jahren immer wieder Fahrten nach Westen unternommen. 1517 n. Chr., in dem Jahr, in dem Martin Luthers 95 Thesen Europa in Aufruhr versetzten, landete Francisco Hernández de Córdoba auf der Halbinsel Yucatán, wo er in einen Kampf mit den dort ansässigen Indianern geriet, die zwar zu den Maya gehörten, aber viele Gebräuche der Azteken übernommen hatten. Córdoba verlor die Hälfte seiner Männer und starb nach der Rückkehr nach Hispaniola selbst an seinen Verletzungen. 1518 kehrte Juan de Grijalva mit der doppelten Anzahl an Männern nach Yucatán zurück; er wurde zwar auch angegriffen, hatte aber nur geringe Verluste und fuhr die Küste Richtung Norden entlang. Dort konnte er ein wenig Handel treiben und einen ersten, kurzen Kontakt mit den Azteken herstellen. So wie in Yucatán trafen sie auch hier auf die Tempel, in denen Menschenopfer dargebracht wurden. Noch vor ihrer Rückkehr bereitete Diego Velázquez, der Gouverneur Kubas, der bereits an den beiden vorherigen Fahrten finanziell beteiligt gewesen war, eine dritte Expedition vor. Als Kapitän wählte er Hernán Cortés aus. Allerdings änderte er seine Meinung, wahrscheinlich, weil er ihm nicht traute – sie hatten schon einige Differenzen gehabt, an denen Cortés nicht unschuldig war – und fürchtete, die Kontrolle über das Unternehmen zu verlieren (Carroll, Our Lady of Guadalupe and the Conquest of Darkness, S. 21). Allerdings schaffte er es nicht mehr, Cortés seines Postens zu entheben, da dieser frühzeitig von dem Plan erfahren hatte und die Segel setzte.

Hernán Cortés war 1485 in Medellin in der Extramadura in Spanien als Sohn eines Landadeligen geboren worden. Ganz in der Nähe liegt der Ort Guadalupe, in dem eine Marienstatue verehrt wird, die nach dem Einfall der Mauren zur Sicherheit vergraben worden war und im 13. Jahrhundert infolge einer Marienerscheinung wiedergefunden wurde. An dieser Stelle wurde eine Kirche gebaut, die von Hieronymitenmönchen betreut und zu einem wichtigen Pilgerort für die Spanier wurde (Br. Francis Mary, Guadalupe in Spain, in: A Handbook on Guadalupe, S. 24). Cortés kam mit neunzehn Jahren in die Karibik und nahm 1511 an der Eroberung Kubas unter der Leitung von Diege Velázquez teil; zwischenzeitlich war er dessen Sekretär und Zahlmeister. Er hatte auch Besitzungen auf der Insel, die ihm ein gutes Einkommen sicherten. Er setzte seinen ganzen Besitz zur Finanzierung der Fahrt ein und nahm dafür sogar Kredite auf. Cortés wird als schlank, kräftig, ernst und geduldig beschrieben und war ein sehr guter Reiter, konnte mit allen Waffen umgehen und schreckte vor nichts zurück. Er trug immer eine Kette mit einem Medaillon mit dem Bild der Gottesmutter, die seine Schutzheilige war; er verehrte auch den hl. Petrus, den hl. Johannes den Täufer und den hl. Jakobus, den spanischen Nationalheiligen (Diaz del Castillo, Die Eroberung von Mexiko, S. 613 ff). Er war auch sehr redegewandt, eine Eigenschaft, die ihm in den Verhandlungen mit den Indianern und unzufriedenen Soldaten zugute kam. Er ließ eigens für die Fahrt zwei Standarten in Rot und Schwarz anfertigen, auf denen neben dem königlichen Wappen Spaniens ein Kreuz und der Spruch “Amici, sequamur crucem, et si nos fidem habemus, vere in hoc signo vincemus” (“Freunde, lasst uns dem Kreuz folgen, und wenn wir festen Glaubens sind, werden wir in diesem Zeichen siegen.”) aufgestickt waren. Dieser Spruch verwies auf das Zeichen des Kreuzes, das Kaiser Konstantin vor der Schlacht bei der Milvischen Brücke am 28. Oktober 312 erschienen war. Es ist anzunehmen, dass Cortés von seiner christlichen Aufgabe überzeugt war. Der Vorwurf an Cortés und generell alle Spanier, sie seien nur gierig nach Gold und Reichtum gewesen, ist nicht gänzlich falsch. Sie alle waren daran interessiert, da sie Geld in diese privaten Unternehmen, „hueste“ genannt, stecken mussten und weil es nun mal in der Natur des Menschen liegt. Sie legitimierten ihre Fahrt damit, dass sie das entdeckte und eroberte Land für den König in Besitz nahmen, der aber kein Risiko einging, da er nichts finanzierte. Die Verbreitung des christlichen Glaubens war darüber hinaus selbstverständlich. Carroll schreibt, dass es allerdings an jedem einzelnen lag, in welcher Reihenfolge er seine Prioritäten setzte (Carroll, Our Lady of Guadalupe and the Conquest of Darkness, S. 50).

Am 18. November 1518 verließ Cortés Santiago de Cuba, um in Havanna und Trinidad noch weitere Vorräte aufzunehmen und Männer zu rekrutieren, von denen die meisten gerade mit Grijalva von der zweiten Expedition zurückgekehrt waren; unter ihnen waren Pedro de Alvarado, Gonzalo de Sandoval und Bernal Diaz del Castillo, der an allen drei Expeditionen teilgenommen und einen ausführlichen Bericht hinterlassen hat. Von ihnen wird er einen ersten, oberflächlichen Eindruck über die Verhältnisse in Mexiko erhalten haben. Seine Flotte bestand nun aus elf Schiffen, 508 Soldaten, 100 Seeleuten, 16 Pferden, 32 Bogen, 13 Musketen, 4 Falkonetten und einigen Bronzekanonen. Auch zwei Priester, der Mercedarier Pater Bartolomé de Olmedo und Juan Diaz waren dabei, da es seit 1503 Vorschrift war, bei solchen Unternehmungen einen Feldgeistlichen mitzunehmen (Rinke, Conquistadoren und Azteken, S. 64). Auf dem Weg nach Mexiko machte er noch auf der Yucatán vorgelagerten Insel Cozumel Halt, wo er Gerónimo de Aguilar ausfindig machte. Dieser hatte acht Jahre zuvor einen Schiffbruch überlebt und lebte seitdem als Sklave bei den Indianern; die übrigen Überlebenden waren den Göttern geopfert worden. Er war dem Glauben treu geblieben und sprach inzwischen fließend yucatekisches Maya. Er war sofort bereit, Cortés als Dolmetscher zu begleiten. Der nächste Halt war der Ort, an dem bereits Córdoba und Grijalva von den Indianern angegriffen worden waren, San Juan de Ullua.

Cortés erging es nicht viel besser als seinen Vorgängern, und am 25. März 1519, dem Fest Mariä Verkündigung, kam es zum Kampf bei dem Ort Cintla, in dem die Chontal-Indianer im Verhältnis 300:1 überlegen waren. Dennoch siegten die Spanier, die nur 70 Verletzte zu beklagen hatten, während die Indianer 220 Tote zählten. Die Spanier dankten der allerseligsten Jungfrau für ihren Sieg. Als Zeichen des Friedens schenkten ihnen die Chontal mehrere Mädchen, von denen eine auf den Namen Marina getauft wurde. Diese sollte sich als wahres Gottesgeschenk erweisen, denn sie entstammte der aztekischen Adelsschicht, war aber von ihrem Stiefvater in die Sklaverei gegeben worden. Sie sprach neben ihrer Muttersprache Nahuatl fließend Chontal-Maya und yucatekisches Maya, so dass Cortés sie gemeinsam mit Aguilar als Dolmetscherin einsetzte. Da sie keinerlei Verpflichtungen mehr gegenüber ihrem Volk verspürte, ließ sie sich ganz auf die Sache der Spanier ein, die sie Donna Marina nannten.

An Gründonnerstag, den 21. April 1519, kamen die Spanier in Mexiko an; an Karfreitag gingen sie an Land, wobei Cortés schwarz gekleidet war. Sie stellten die Standarte auf, feierten die hl. Messe und schlugen ihr Lager auf. An Ostersonntag lud Cortés eine Gesandtschaft des aztekischen Herrschers Montezuma II, die ihnen schon am ersten Tag Grüße Montezumas übermittelt und wertvolle Geschenke überbracht hatte, zum Essen ein. Dabei bekamen sie einen ersten Eindruck von dem, was sie erwartete, denn nachdem Cortés ihnen von seinem König in Spanien erzählt hatte, der sich Freundschaft und Handel mit Montezuma wünsche, besprengten die Azteken das Essen mit Blut, um es zu würzen (Carroll, Our Lady of Guadalupe and the Conquest of Darkness, S. 25). Die Spanier waren angewidert und schockiert. Einige Tage später beteten die Spanier das Angelus-Gebet, wie es damals üblich war; Montezumas Botschafter, der anwesend war, äußerte Unverständnis darüber, wie man vor so einem Kreuz auf die Knie gehen und sich demütigen konnte. Cortés nutzte die Gelegenheit und ließ Pater Olmedo vom christlichen Glauben erzählen. Der Botschafter muss Montezuma darüber berichtet haben, denn kurz darauf brach Montezuma den Kontakt zu den Spaniern ab, da seine Götter ihm verboten hatten, sich weitere Reden über das Kreuz Christi anzuhören (Diaz del Castillo, Die Eroberung von Mexiko, S. 92).

Montezuma, dem nichts in seinem Reich verborgen blieb, fürchtete, dass sich eine alte Prophezeiung erfüllte, nach der der Gott Quetzalcoatl eines Tages zurückkehren wollte, um die Herrschaft zu übernehmen. Er galt als der Gott des Windes, des Wissens und der Bildung und wollte keine Menschenopfer, da er seine Untertanen viel zu sehr liebte; er nahm lediglich Schlangen, Vögel und Falken als Opfer an (Soustelle, Das Leben der Azteken, S. 187). Der Gott Tezcatlipoca aber, der Herr der Dunkelheit, forderte Menschenopfer und daraufhin wurde Quetzalcoatl vertrieben. Auf seiner Flucht machte er Rast in dem Ort Cholula und reiste dann mit einem Boot Richtung Osten. Eines Tages aber wollte er wiederkommen. Vermutlich war es nicht Quetzalcoatl selbst, sondern sein Hohepriester Ce Acatl Topiltzin Quetzalcoatl, der sagte, dass sein Gott keine Menschenopfer wolle, da er ein Gott es Lichts und nicht der Dunkelheit sei (Carroll, Our Lady of Guadalupe and the Conquest of Darkness, S. 19). Für Montezuma, der auch über die vorherigen Expeditionen Córdobas und Grijalvas informiert war, muss es so ausgesehen haben, als würde Quetzalcoatl zurückkehren, schließlich kamen die Spanier aus dem Osten und Cortés hatte bei der Landung schwarz getragen, eine Farbe, die mit Quetzalcoatl in Verbindung gebracht wurde. Darüber hinaus hatten weise Männer die Rückkehr dieses Gottes für das Jahr 1-Rohr und den Tag 9-Wind vorausgesagt, was genau auf den 21. April 1519, Gründonnerstag, zutraf, das Ankunftsdatum der Spanier (Carroll, Our Lady, S. 19]. Wie lange die Indianer insgesamt und Montezuma im Besonderen tatsächlich geglaubt haben, dass die Spanier Götter seien, ist nicht klar, aber je länger sie in Mexiko waren, desto unwahrscheinlicher ist es, da im täglichen Leben deutlich war, dass die Spanier wie die Indianer Menschen waren. Cortés hat die Möglichkeit, die Macht als vermeintlich zurückgekehrter Gott an sich zu reißen, nicht genutzt, da ihm das als Christ und Katholik unmöglich war und er auch ein großes Risiko eingegangen wäre (Carroll, Our Lady, S. 45).

Obwohl Montezuma den Kontakt mit den Neuankömmlingen verboten hatte, hielten sich zwei hohe aztekische Adelige nicht daran; Atonal und Tlamapanatzin kamen mit einem geheimen Buch über Quetzalcoatl, dessen Verbrennung Montezuma befohlen hatte, zu Cortés und baten ihn, sie von der Tyrannei ihres Herrschers zu befreien; im Gegenzug wollten sie ihm das Buch geben. Er sagte ihnen, wenn sie ihm dienen wollten, müssten sie sich taufen lassen, ihre Taufe fand Ende Mai 1519 statt (Carroll, Our Lady, S. 28).

Etwa zur gleichen Zeit traf eine Abordnung der Totonaken aus Cempoala bei Cortés ein. Sie baten ihn, ihnen zu helfen, ihre Freiheit von den Azteken wiederzuerlangen, die die Provinz Cempoala erst seit kurzem ihrem Reich hinzugefügt hatten und nun hohe Tributleistungen verlangten. Cortés sah die Möglichkeiten, die die politische Situation in Mexiko ihm bot; durch die Expansion und die Unterdrückung der anderen Indianer hatten sich die Azteken keine Freunde gemacht und die Unzufriedenheit dieser Stämme war der Punkt, an dem Cortés ansetzen konnte, um Verbündete zu gewinnen. Auf dem Weg nach Cempoala sahen die Spanier in allen Ortschaften Beweise für den blutrünstigen Opferkult, der im ganzen Reich ausgeübt wurde. Dies bestärkte sie darin, das Land zu erobern und diesem dämonischen Treiben ein Ende zu setzen. Bevor Cortés seinen Marsch Anfang Juni 1519 nach Mexiko begann, gründete er noch die Niederlassung Villa Rica de la Vera Cruz, in der etwa ein Drittel seiner Leute als Garnison zurückbleiben sollte. Er ließ sich auch von seinen Männern zum Generalkaptän wählen, um sein Vorhaben zu legitimieren. Für den Fall, das ihn jemand nicht begleiten wollte, bot er ein Schiff an, mit dem sie nach Kuba zurückkehren konnten, aber keiner nahm dieses Angebot an, auch nicht die Anhänger von Velázquez, die Cortés nicht wohlgesonnen waren. Alonso Hernández Portocarrero und Francisco de Montejo wurden mit einem Schiff nach Spanien geschickt, um einen Bericht an den König zu überbringen, mit dem Cortés sein Vorgehen in Mexiko und auch in Hinblick auf Velázquez legitimieren wollte; an Bord waren auch die wertvollen Geschenke, die sie bis dahin von Montezuma erhalten hatten. Die anderen Schiffe wurden bewusst auf Grund gesetzt, um einerseits zu verhindern, dass sich Teile der Garnison aus dem Staub machten, andererseits, um deutlich zu machen, dass Cortés nicht gewillt war, dieses Unternehmen zu irgendeinem Zeitpunkt abzubrechen.

In den nächsten Monaten zogen die Spanier, begleitet von etwa zweitausend Totonaken, kontinuierlich in Richtung der aztekischen Hauptstadt Tenochtitlan, wobei drei Orte von besonderer Bedeutung sind: Zocotlan, Tlaxcala und Cholula.

In Zocotlan (Zautla) bekamen sie vom Kaziken Olintetl einen ausführlichen Bericht über die politischen Verhältnisse des Reiches und die aztekische Hauptstadt Tenochtitlan mit ihrem Reichtum und ihren Befestigungsanlagen, die sie praktisch uneinnehmbar machten. Genau diese Aussage reizte die Spanier, einen Versuch zu wagen (Diaz del Castillo, Die Eroberung von Mexiko, S. 128). In Zocotlan sahen sie auch neben den Pyramidentempeln Gerüste, in denen ordentlich aufgereiht die Schädel der geopferten Menschen gelagert waren. Es sollen 100.000 gewesen sein (Diaz del Castillo, Die Eroberung von Mexiko, S. 131); vielfach wird bezweifelt, dass es wirklich so viele Schädel waren, aber wenn man bedenkt, dass es ein Gesetz gab, in dem alle Städte mit Tempel verpflichtet wurden, pro Jahr eintausend Menschen zu opfern und es 371 solcher Städte gab, kann die von Diaz del Castillo angegebene Zahl nicht so weit von der Wahrheit entfernt gewesen sein (Carroll, Our Lady of Guadalupe and the Conquest of Darkness, S. 8). Dieser Anblick muss die Spanier noch mehr darin bestärkt haben, dem satanischen Treiben dieses Opferkultes ein Ende zu setzen.

Danach ging es nach Tlaxcala, dessen Bewohner seit fast hundert Jahren mit den Azteken im Krieg waren und sie erbittert bekämpften, um ihre Unabhängigkeit zu bewahren. Die Totonaken hatten Cortés geraten, sich im Kampf gegen die Azteken an sie zu wenden. Die Tlaxcalteken waren zwar verarmt, aber sie waren ausgezeichnete Kämpfer und sehr misstrauisch den Fremden gegenüber, denn sie waren der Meinung, die Spanier wären mit den Azteken verbündet. Deshalb waren die totonakischen Boten, die vorausgeschickt worden waren, festgenommen worden. An der Grenze zu Tlaxcala trafen die Spanier auf eine große, lange Steinmauer, die zum Schutz vor Angriffen von den Tlaxcalteken errichtet worden waren. Sie wirkte bedrohlich und Cortés ließ die Standarte mit dem Spruch des Kaisers Konstantin vorangehen und rief ihn laut vor seinen Soldaten aus, bevor sie weitergingen. In der Zeit zwischen dem 31. August und dem 5 September 1519 mussten sie sich gegen vier Angriffe wehren; die dreihundertfünfzig Spanier standen anfangs dreitausend, dann sechstausend, danach fünfzigtausend Kriegern und schließlich der gesamten Streitmacht von zweihunderttausend tlaxcaltekischen Kämpfern gegenüber (Carroll, Our Lady of Guadalupe and the Conquest of Darkness, S. 35), doch sie waren jedes Mal siegreich. Auch einen nächtlichen Angriff konnten sie abwehren. Ob die Zahlen tatsächlich stimmen, ist nicht zu klären, aber Tatsache ist, dass die Tlaxcalteken zahlenmäßig weit überlegen waren, selbst wenn man die Totonaken zu den Spaniern hinzuzählt. Insgesamt verloren sie fünfundvierzig Mann, aber die Verluste der Indianer waren ungleich höher. Schließlich waren die Tlaxcalteken bereit Frieden zu schließen, auch wenn manche anderer Meinung waren. Sie erwiesen sich unter ihren Anführern Xicotencatl und Maxaxtzin als treue Bündnispartner, die die Spanier auch in den dunkelsten Stunden tatkräftig unterstützten.

Die Spanier hatten von Anfang an in allen Orten, durch die sie kamen, von ihrem König und dem christlichen Glauben erzählt und die Indianer aufgefordert, von ihrem Götzenkult mit den grausamen Menschenopfern abzulassen. Sie feierten auch jeweils eine Hl. Messe und stellten einen Altar mit einem Kreuz und einem Bild der Gottesmutter auf, es sei denn, sie stießen auf große Ablehnung. Die Tlaxcalteken waren vorsichtig und sagten Cortés, dass sie den christlichen Glauben erst studieren müssten, bevor sie eine Entscheidung treffen könnten. Cortés und seine Spanier schlugen aber auf diese Weise gewissermaßen eine Schneise für die Gottesmutter durch das aztekische Reich bis nach Mexiko und die Stadt Tenochtitlan.

In Cholula schließlich hatten die Azteken mit den Einwohnern eine Falle für die Spanier geplant. Aztekische Botschafter, die Cortés im Namen Montezumas zu seinem Sieg über die Tlaxcalteken beglückwünscht hatten, rieten ihm, über Cholula nach Mexiko zu marschieren, da er sich nicht davon abbringen ließ, ihren Herrscher sehen zu wollen. Cortés war von den Tlaxcalteken eindringlich davor gewarnt worden und sie empfahlen ihm die mit ihnen befreundete Stadt Huexotzinco als nächstes Ziel, aber Cortés bestand auf Cholula; vielleicht, weil die Stadt mit dem Gott Quetzalcoatl in Verbindung gebracht wurde und ein Aufenthalt dort als symbolträchtig angesehen werden konnte. Bei ihrer Ankunft wurden sie höflich aber zurückhaltend empfangen und es dauerte nicht lange, bis Cortés die ersten Berichte über Barrikaden und verborgene Fallgruben auf den Straßen und versteckte aztekische Krieger im Umland Cholulas erhielt. Er befragte einige hohe Würdenträger, die ihm letztlich bestätigten, dass ein Angriff am Tag des Abmarschs nach Mexiko geplant war. An diesem Tag versammelten sich etwa dreitausend Cholulteken auf dem großen Platz, die angeblich die Spanier begleiten wollten. Cortés ließ den Platz abriegeln und konfrontierte sie mit seinen Erkenntnissen. Er verurteilte ihre Hinterlist und sagte, sie hätten offen und ehrlich wie die Tlaxcalteken auf dem Feld gegen ihn kämpfen können. Die folgende Schlacht breitete sich in die ganze Stadt aus, in die nach einiger Zeit die Tlaxcalteken eingriffen, die wegen ihrer Feindschaft mit Cholula außerhalb der Stadt ihr Lager hatten. Auch der Tempel Quetzalcoatls wurde in den Kampf einbezogen, die Götterstatute die Pyramide hinuntergestoßen und das Gebäude angezündet, wobei etliche Priester umkamen. Auf der Pyramidenplattform wurde ein großes Kreuz aus Stein errichtet. Der Angriff auf den Tempel war nichts Ungewöhnliches für die Indianer, denn im Krieg bedeutete die Einnahme des Marktplatzes und die Zerstörung des Tempels des Stammesgottes den Sieg (Rinke, Conquistadoren und Azteken, S. 107).

Die Cholulteken behaupteten nach ihrer Niederlage, sie seien von Montezuma dazu gezwungen worden. Da die aztekischen Krieger, die sich im Umland versteckt hatten, nicht in den Kampf eingriffen, ist es wahrscheinlich, dass sie nach Tenochtitlan zurückkehrten und Montezuma Bericht erstatteten, doch auch Cortés ließ ihm eine Nachricht zukommen, in der er ihm vorwarf, an dem Komplott in Cholula beteiligt gewesen zu sein; da er ihm nicht trauen könne, würde er nun in Kriegsabsicht zu ihm nach Tenochtitlan kommen. Montezuma soll so geschockt gewesen sein, dass er sich für mehrere Tage mit einigen Priestern zurückzog, seinen Göttern Menschenopfer darbrachte und darauf wartete, dass sie ihm eine Antwort gaben. Da Montezuma so lange handlungsunfähig war, sprachen schließlich seine Berater eine Einladung an Cortés aus (Carroll, Our Lady of Guadalupe and the Conquest of Darkness, S. 40). Nachdem er mit seiner Truppe den Pass zwischen den beiden Vulkanen Popocatepetl und Iztaccihuatl bewältigt hatte, von dem sie einen ersten Blick auf die majestätische Stadt im See von Texcoco werfen konnten, marschierten sie am 8. November 1519 über den südlichen Dammweg über Itzapalapa in Tenochtitlan ein. Von Montezuma wurde Cortés freundlich begrüßt und reich beschenkt. Untergebracht wurden die Spanier gemeinsam mit den Tlaxcalteken (die Totonaken waren nach Hause zurückgekehrt) im Palast des Axayacatl, des verstorbenen Vaters Montezumas. Dieser stand neben dem großen Pyramidentempel, der dem Huitzilopochtli geweiht war. Sie bekamen während ihres Aufenthalts hautnah die täglichen Menschenopfer mit den Trommeln, dem Blut, den herausgerissenen Herzen und dem Gebrüll der wilden Tiere mit, die im Zoo auf der anderen Seite ihrer Unterkunft schon auf ihr tägliches Futter warteten.

Cortés unterhielt sich mit Montezuma wiederholt über den spanischen König und den christlichen Glauben und forderte ihn auf, von dem Götzenkult mit den Menschenopfern abzulassen, da es Dämonen seien. Montezuma antwortete, dass es gute Götter wären, die für sie sorgten. Im Verlauf der ersten Woche besichtigten die Spanier begleitet von Montezuma den großen Marktplatz und erhielten auf Bitten die Erlaubnis, den Tempel betreten zu dürfen, was sonst nur den Priestern vorbehalten war. Sie mussten 114 Stufen hinaufsteigen; im Innern des Tempels waren die Statuen des Huitzilopchtli, des Kriegsgottes, und des Tezcatlipoca, des Gottes der Hölle, aufgestellt. Beide waren über und über mit Gold und Edelsteinen geschmückt und so hässlich und grauenerregend, dass Cortés mit Nachdruck darum bat, ein Kreuz und ein Bild der Gottesmutter aufstellen zu dürfen, dann würden Montezuma und seine Priester sehen, welche Angst ihre beiden Götter davor hätten (Diaz del Castillo, Die Eroberung von Mexiko, S. 221). Diese waren empört, da ihre Götter damit beleidigt worden wären; dennoch durften die Spanier am Fuße der Pyramide den Raum besichtigen, in dem die vom Tempel heruntergeworfenen Leichen zerteilt und die Gliedmaßen als Speisen für die Priester zubereitet wurden.

Auch wenn Cortés mit seinem Ansinnen keinen Erfolg gehabt hatte, erhielt er immerhin die Erlaubnis, im Palast eine Kapelle mit Altar, Kreuz und Bild der Gottesmutter zu errichten, um dort die Hl. Messe feiern zu können. Bei dieser Gelegenheit entdeckten die Spanier einen Goldschatz des früheren Herrschers Axayacatl, den sie aber vorerst unangetastet ließen.

Für die Spanier war die Situation in Tenochtitlan sehr gefährlich, denn sie konnten jederzeit von den Azteken angegriffen werden. In so einem Fall wären ihre Chancen lebend davonzukommen sehr gering gewesen. Außerdem hatte Cortés eine Nachricht aus Vera Cruz erhalten, in der stand, dass ein Trupp aztekischer Krieger unter dem Anführer Quauhpopoca in einem Gefecht mit den Spaniern den Kommandanten Juan de Escalante getötet hatte. Aus diesen Gründen nahm Cortés Montezuma am 15. November 1519 als Geisel; er musste zu den Spaniern in den Palast des Axayacatl ziehen und wurde rund um die Uhr bewacht. Ansonsten behandelte man ihn respektvoll und ließ ihn seiner Aufgabe als Herrscher weiter nachkommen. Er war sozusagen ein Unterpfand für die Sicherheit der Spanier in Mexiko, aber so klug dieser Schachzug auch war, er konnte die Pattsituation nicht beenden. Montezuma ließ die Krieger, die die Spanier an der Küste angegriffen hatten, mit ihrem Kommandanten kommen und übergab sie Cortés, dem sie sagten, sie hätten auf Befehl ihres Herrschers gehandelt. Vermutlich bezogen sie sich auf einen alten Befehl, aber das war für Cortés der Beweis, dass Montzuma ihnen von Anfang an Schaden zufügen wollte (Carroll, Our Lady of Guadalupe and the Conquest of Darkness, S. 51). Cortés verurteilte sie zum Tode und ließ sie öffentlich verbrennen.

Die Azteken waren bereit, ihren Herrscher mit Gewalt zu befreien, aber er lehnte ab, weil er glaubte, dass es der Wille Huitzilopochtlis sei. Cortés sah die Gefahr, in eine Art Komplizenschaft mit diesem Götzenkult zu geraten und forderte Montezuma auf, ihm die Erlaubnis zu geben, im Tempel anstelle der Statuen von Huitzilopochtli und Tezcatlipoca ein Kreuz und ein Bild der Jungfrau Maria aufzustellen; seine Leute würden dies aber auch ohne Montezumas Zustimmung tun. Montezuma warnte, dass das zu einem Krieg führen könnte, aber er sorgte dafür, dass in einem Raum im Tempel selbst ein Altar, ein Kreuz und ein Bild der Heiligen Jungfrau Maria aufgestellt werden konnten, nachdem er gereinigt und geweißt worden war. Pater Olmedo feierte dort jeden Tag die heilige Messe. Der Raum wurde von den Spaniern bewacht und es wurde dafür gesorgt, dass immer Kerzen brannten und der Altar mit Blumen geschmückt war. Die aztekischen Priester konnten dies nicht hinnehmen und teilten Montezuma mit, dass Huitzilopochtli gesprochen hätte und dass Kreuz, Altar und Jungfrau entfernt werden müssten. Als Cortés davon erfuhr, ging er mit einigen Spaniern in den Tempel und schlug die Statue des Huitzilopochtli mit einer Eisenstange, so dass seine goldene Maske abfiel. Anschließend wurden die Statuen der Götzen entfernt, der Tempel gereinigt und geweißt, zwei Altäre errichtet und ein Kreuz sowie ein Bild der Jungfrau Maria und eines des Heiligen Christopherus aufgestellt. Ein Te Deum wurde gesungen und Pater Olmedo feierte die Heilige Messe (Carroll, Our Lady of Guadalupe and the Conquest of Darkness, S. 53 ff). Cortés erreichte damit auch, dass es in den nächsten drei Monaten keine Menschenopfer mehr gab. Das war eine Kampfansage, die nicht zu überhören oder zu übersehen war.

Im April 1520 verschlechterte sich die Lage für die Spanier, als Pánfilo de Narváez mit einigen Schiffen in Vera Cruz ankam. Er war von Diego Velázquez, dem Gouverneur Hispaniolas geschickt worden, um Cortés zu stoppen, festzunehmen und zurückzubringen. Velázquez sah für sich die Gefahr, keinen Anteil an dem Reichtum und dem Ansehen, das mit der Eroberung Mexikos einhergehen würde, zu haben; allerdings hatte er keine rechtliche Grundlage dafür, da die zuständigen Behörden anders entschieden hatten. Es kam zum Kontakt zwischen Narváez und Montezuma, bei dem Narváez dem aztekischen Herrscher mitteilte, Cortés und seine Leute seien entflohene Kriminelle, und er habe den Auftrag des spanischen Königs sie gefangen zunehmen und Montezuma aus seiner Gefangenschaft zu befreien (Diaz del Castillo, Die Eroberung von Mexiko, S. 261). Montezuma kam dies sehr gelegen, vor allem, da Narváez nicht vorhatte, im Land zu bleiben. Als Cortés von Narváez´ Ankunft erfuhr, marschierte er selbst Anfang Mai 1520 mit einem Großteil seiner Soldaten zur Küste, nachdem er die Situation durch einige enge Vertraute hatte erkunden lassen. Er ließ Pedro de Alvarado mit achtzig Mann in Tenochttitlan zurück. Es war Cortés möglich, den größten Teil der Soldaten von Narváez durch Versprechungen und Berichte über das bereits Erreichte und den Reichtum Mexikos auf seine Seite zu ziehen. Dennoch kam es zu einem Kampf, den Cortés aber recht schnell für sich entscheiden konnte. Narváez, der dabei ein Auge verloren hatte, wurde in Vera Cruz ins Gefängnis gebracht, die Schiffe seeuntüchtig gemacht und die knapp eintausend Soldaten und einhundert Pferde in Cortés Mannschaft integriert.

Währenddessen war Alvarado in Tenochtitlan in Bedrängnis geraten. Es gab Anzeichen und Gerüchte, wonach die Azteken planten, die Spanier nach dem Fest zu Ehren ihres Gottes Toxcatl anzugreifen, welches Avarado erlaubt hatte. Ausschlaggebend für ihn war aber, dass bei diesem Fest Menschenopfer dargebracht wurden, obwohl Cortés sie verboten hatte. Er griff die tanzenden und unbewaffneten Indianer auf dem großen Platz an und tötete dabei viele Adelige. Die Azteken griffen zu den Waffen und die Spanier mussten sich mit ihren verbündeten Tlaxcalteken vom Palast aus verteidigen. Ob der Präventivschlag gerechtfertigt war, ist umstritten, vor allem da die Azteken unbewaffnet waren; Alvarado sank wegen dieses Vorgehens in der Gunst von Cortés.

Als dieser davon erfuhr, machte er sich sofort am 10 Juni 1520 auf den Weg zurück. Am 24. Juni 1520 traf er in Tenochtitilan ein und versuchte, die Situation zu entspannen. Montezuma empfahl Cortés, seinen Bruder Cuihtlahuac, der sich mit etlichen anderen Adeligen ebenfalls als Geiseln im Palast befand, als Geste des guten Willens freizulassen, doch kam dies für beide einer Niederlage gleich, denn Cuihtlahuac ließ sich zum neuen Herrscher wählen. Montezuma hatte damit seinen Einfluss auf die Azteken verloren und da Cuihtlahuac den Krieg gegen die Spanier befürwortete, wurde die Lage für die Spanier noch gefährlicher. Ein weiterer Versuch, bei dem Montezuma seine Landsleute überreden sollte, die Feindseligkeiten einzustellen, endete damit, dass Montezuma schwer verletzt wurde. Die Azteken griffen den Palast unentwegt an und versuchten ihn in Brand zu setzen und die Mauern zu durchbrechen. Cortés musste sich eine neue Strategie überlegen, da von diesem Zeitpunkt an klar war, dass eine friedliche Eroberung nicht mehr möglich war; darüber hinaus war es unwahrscheinlich, dass Tenochtitlan in einer kriegerischen Auseinandersetzung in seiner Schönheit und Pracht erhalten bleiben könnte. Es gelang den Spaniern, sich zu verteidigen und sogar auszubrechen und den großen Tempel zu erstürmen, doch das Bild der Gottesmutter war nicht mehr da; stattdessen stand wieder eine Statue des Huitzilopochtli dort.

Montezuma starb am 30. Juni 1520, und Cortés befahl für die Nacht den Rückzug aus der Stadt. Vorher ließ er den versteckten Goldschatz aufteilen; das Fünftel für den spanischen König wurde abgezählt und auch Cortés nahm ein Fünftel für sich in Anspruch; der Rest wurde unter den Soldaten verteilt, die recht unzufrieden waren, da nicht mehr viel für jeden einzelnen übrig blieb. In der Nacht wollte sich Cortés über den westlichen Dammweg nach Tacuba auf das Festland zurückziehen, doch die Spanier wurden entdeckt und es kam zu neuen Kämpfen. Der Damm bestand an mehreren Stellen aus Holzbrücken, die die Azteken abgebaut hatten; diese Konstruktion war Teil der Befestigungsanlagen, mit denen die Stadt im Notfall geschützt und verteidigt werden konnte. In der Dunkelheit war das Fehlen der Brücken nicht zu erkennen, so dass viele in das Wasser stürzten und ertranken, weil sie sich bei der Verteilung des Goldschatzes im Palast zu viel eingesteckt hatten; dabei handelte es sich überwiegend um die neuen Leute von Narváez. Auch der größte Teil des restlichen Goldschatzes konnte nicht gerettet werden. Cortés verlor in dieser „noche triste“ genannten Nacht über die Hälfte der Soldaten, etliche Pferde und einen Großteil der Waffen; auch zwölfhundert Tlaxcalteken verloren ihr Leben. Wer den Azteken lebendig in die Hände fiel, wurde in einer grausamen Zeremonie den Göttern geopfert. Cuihtlahuac ließ Gliedmaße der geopferten Spanier in verbündete und tributpflichtige Orte bringen, um zum einen zu beweisen, dass sie keine Götter waren, und zum anderen, um die eigene Stärke zu zeigen.

Der Rest der Truppe sammelte sich in Tacuba auf dem Festland, doch auch da waren Cortés und seine Leute nicht sicher vor den Angriffen der Azteken. Die Tlaxcalteken führten die Spanier in einer Route nördlich um den See von Texcoco, um nach Tlaxcala zurückzukehren. Immer wieder wurden sie angegriffen und verhöhnt, auch nachts hatten sie keine Ruhe. Bei Otumba schließlich, nordöstlich des Sees, wurden sie von einer sehr großen Streitmacht der Azteken in einen neuen Kampf gezwungen. Die Aussichten waren mehr als schlecht, da alle verwundet und ausgehungert waren, kaum noch brauchbare Waffen hatten und ihnen nur noch vierundzwanzig Pferde zur Verfügung standen. Die Spanier vertrauten sich Gott und der Jungfrau Maria an und riefen den Heiligen Jakobus an, ihren Nationalheiligen. Trotz der Übermacht der Azteken gelang es Cortés mit zwei anderen mutigen Männern, den aztekischen General zu töten, der an seinem farbenfrohen Federschmuck leicht zu erkennen war, und das Banner zu erobern, was für die Azteken bedeutete, dass sie den Kampf verloren hatten. Einige Spanier waren aber überzeugt, dass sie vom Heiligen Jakob gerettet worden waren, der auf seinem weißen Pferd eingegriffen habe (Rinke, Conquistadoren und Azteken, S. 216).

Von den Tlaxcalteken wurden sie freundlich aufgenommen, auch wenn die Trauer über die vielen Toten groß war und es Einwände gegen eine Fortsetzung des Bündnisses mit den Spaniern gab. Die beiden Kaziken Xicotencatl und Maxaxtzin hielten aber daran fest. Cortés begann sofort mit der Planung für die Rückkehr nach Mexiko, die er mit dem Gold finanzierte, das die Spanier bei ihrer Flucht aus Tenochtitlan gerettet hatten. Da Cortés das Gold von ihnen einsammelte, führte dies zu einigem Unmut. Die ganze Unternehmung wird gern von Beginn an als Eroberungskrieg gesehen, aber Cortés hatte versucht, das Land friedlich einzunehmen. Sicherlich wollte er es für seinen König in Besitz nehmen, aber es darf nicht vergessen werden, dass die spanische Monarchie besonders nach dem Sieg über die Mauren in Europa auch als Verteidiger des christlichen Glaubens und als Befreier gesehen wurde. In Verbindung mit der Kaiserwürde des Hl. Römischen Reiches Deutscher Nation kam Spanien eine besondere Stellung und Verantwortung zu. Cortés konnte zu diesem Zeitpunkt zwar noch nicht wissen, dass sein König nach dem Tod Kaiser Maximilians I im Januar 1519 bereits sein Nachfolger war, auch wenn er erst 1520 geweiht wurde, aber er muss aufgrund der Familienverhältnisse der Habsburger gewusst haben, dass Karl seinem Großvater als Kaiser des Heiligen. Römischen Reiches nachfolgen würde. Außerdem war Cortés tiefgläubig und es wurde immer deutlicher, dass ein Ende des blutrünstigen Kultes nur militärisch erreicht werden konnte. Für die Indianer war es ein Krieg gegen die Unterdrückung durch die Azteken, aber auf übergeordneter Ebene eine Befreiung von der satanischen Umklammerung durch den blutrünstigen Kult der Menschenopfer. Auch wenn dieser Aspekt gern negiert wird, konnte, wollte und durfte Cortés mit seinen Männern nicht aufgeben. Es ging um viel mehr als nur Gold, Reichtum und Besitz.

Er begann als erstes mit dem Bau von dreizehn Schiffen, sogenannten Brigantinen, den er dem Schiffsbaumeister Martín López übertrug. Diese sollten vom See aus dabei helfen, Tenochtitlan einzunehmen. Zudem führte Cortés einige Feldzüge im Umland durch, zum einen, um seine Soldaten zu beschäftigen, zum anderen, um die Verbindungslinie zwischen Tlaxcala und Vera Cruz an der Küste sicherzustellen. Da er dabei sehr umsichtig vorging, hatte er bis Ende des Jahres 1520 die ganze Gegend unter Kontrolle und weitere Verbündete gewonnen. Aus Vera Cruz wurden alle verfügbaren Männer, Waffen und Munition nach Tlaxcala gebracht. Drei Schiffe, die während der Vorbereitungen in Vera Cruz ankamen, bedeuteten eine unerwartete Verstärkung an Soldaten, Waffen, Munition und Pferden. Es war auch ein Franziskaner dabei, der eine Bulle des Papstes bei sich hatte, die jeden, der an diesem Kreuzzug teilnahm, die dabei begangenen Sünden vergab.

Kurz nach Weihnachten 1520 brach Cortés mit zunächst sechshundert Soldaten, sechzig Pferden, neun Kanonen und einer großen Zahl Tlaxcalteken in Richtung Mexiko auf. Sein Ziel war die Stadt Texcoco, die hinter Tenochtitlan im aztekischen Reich den zweiten Rang einnahm. Strategisch war dieser Ort bedeutsam, da er am östlichen Ufer des Sees gegenüber von Tenochtitlan lag und mit den Azteken verbündet war. Dort wollte Cortés die Schiffe, die noch in Einzelteilen von Tlaxcala gebracht werden mussten, zu Wasser lassen. Interessant an der Geschichte Texcocos ist, dass in der Mitte des 15. Jahrhunderts der dortige Herrscher Nezahualcoyotl, der als der gebildetste Mann seiner Zeit galt, zu der Erkenntnis gelangt war, dass es nur einen Gott gibt. Er ließ diesem Gott Tempel bauen, in denen er ihm Blumen und Räucherwerk darbrachte. Vor seinem Tod bedauerte er in einer Rede, dass er den Willen dieses großen Gottes nicht verstehen konnte, aber dass er eines Tages bekannt sein werde und in dem Land angebetet werden würde (Wahlig, Juan Diego. Ambassador of the Queen of Heaven, in: A Handbook of Guadalupe, S. 45). Sein Sohn Nezahualpilli folgte seinem Beispiel und kurz bevor er 1515 n. Chr. starb, versetzte er Montezuma in Angst und Schrecken, als er ihm von einem Traum erzählte, den er gehabt hatte. In diesem war ihm mitgeteilt worden, dass Montezuma bald seinen Thron an Neuankömmlinge von jenseits des Meeres verlieren würde, die den Wahren Glauben bringen würden (Wahlig, Juan Diego, S. 45).

Sobald sie wieder auf aztekischem Gebiet waren, hatten sie es mit regelmäßigen Attacken der Azteken zu tun, die sich aber davor hüteten, in eine offene Feldschlacht verwickelt zu werden. Ihr Herrscher Cuitlahuac war an den Pocken gestorben, die auf dem Schiff von Narváez eingeschleppt worden waren. Sein Nachfolger war Cuauhtemoc, ein Neffe Montezumas, der ein Friedensangebot von Cortés unbeantwortet ließ und den Kampf bis auf den Tod wollte. Die Einwohner der Orte, durch die die Spanier kamen, waren größtenteils aus Angst vor ihnen geflohen. Auch in Texcoco hatten sie deswegen keine Gegenwehr. Andere Orte unterstellten sich ebenso den Spaniern, nicht zuletzt, weil sie erkannten, dass sich hier die Möglichkeit bot, das Joch der Azteken abzuwerfen. Zusätzlich schickte Cortés kleinere Einheiten los, um im Umland für Ruhe und Ordnung zu sorgen, da er keine bösen Überraschungen erleben wollte, wenn er sich Tenochtitlan zuwandte; außerdem war es notwendig, die neuen Verbündeten vor plötzlichen Angriffen der Azteken zu schützen.

Im Februar 1521 brachte ein großer Treck mit achttausend tlaxcaltekischen Lastenträgern die Schiffsteile der dreizehn Brigantinen nach Texcoco, gesichert von fünfzehntausend tlaxcaltekischen Kriegern und einer spanischen Abteilung unter dem Kommando von Gonzalo de Sandoval, da ein Angriff der Azteken befürchtet wurde. Sofort nach der Ankunft begannen die Arbeiten für den Zusammenbau; gleichzeitig wurden von etwa achttausend Indianern Kanäle ausgehoben oder verbreitert, über die die Schiffe auf den See gebracht werden sollten. Cortés selbst brach mit einer größeren Abteilung zu einem Marsch um den See auf; damit wollte er den Azteken zeigen, dass er die Schlinge um sie herum weiter zuzog. Die meisten Orte waren verlassen, da die Einwohner auf der Seite der Azteken standen und geflüchtet waren. Immer wieder kam es auch zu Auseinandersetzungen mit den Azteken. In Xochimilco bekamen die Spanier einen Vorgeschmack auf das, was ihnen bevorstand. Die Stadt war wie Tenochtitlan zu einem Teil auf dem Wasser gebaut, was die Azteken nutzten, um von ihren Kanus aus anzugreifen. Dabei wurde Cortés beinahe gefangen genommen, doch war es sein Glück, dass man ihn lebend fangen wollte, um ihn den Göttern zu opfern. Er wurde von Cristóbal de Olea gerettet, der dabei verwundet wurde. Der Kampf dauerte drei Tage und die Spanier hatten ihre Mühe, sich zu verteidigen. Schließlich zogen sich die aztekischen Krieger zurück, aber die Stadt war völlig zerstört.

Am 28. April 1521 feierte Pater Olmedo eine heilige Messe, bei der er die dreizehn Brigantinen segnete, die zu Wasser gelassen worden waren und jeweils fünfundzwanzig Mann Besatzung hatten. Von den verbündeten Orten hatte Cortés weitere Krieger angefordert, so dass er nach einigen Verzögerungen am 13. Mai 1521 von Texcoco aus mit knapp eintausend Spaniern und fünfundsiebzigtausend indianischen Verbündeten, aufgeteilt in drei Divisionen, in Richtung Tenochtitlan aufbrach. Die drei Divisionen unter Hernán Cortés, Pedro de Alvarado und Gonzalo de Sandoval wurden auf die drei Dammwege, die in die Stadt führten, verteilt: Cortés nahm den südlichen von Itzapalapa aus, Alvarado den westlichen über Tacuba und Sandoval ging nach Coyoacan, dessen kurzer südwestlicher Weg sich auf dem See mit dem von Itzapalapa vereinigt, marschierte dann aber zum nördlichen Dammweg am Hügel Tepeyac, um die Lebensmittelversorgung zu unterbinden. Das Aquädukt, das die Stadt vom Festland aus mit Süßwasser versorgte, wurde zerstört. Die Belagerung dauerte 93 Tage, denn die Azteken hatten Gräben auf den Dämmen ausgehoben, die erst aufgefüllt werde mussten, um vorwärts zu kommen; doch da die Spanier aus Sicherheitsgründen nachts in ihre Standquartiere auf dem Festland zurückkehrten, konnten die Azteken nachts neue Gräben ausheben, so dass die Spanier am nächsten Tag von vorn beginnen mussten. Dabei wurden sie auch von Azteken in Kanus auf dem Wasser angegriffen, doch die Brigantinen fingen einen Großteil der Attacken ab, da sie zu beiden Seiten der Dämme als Bollwerke eingesetzt wurden, auch wenn sie durch Pfähle, die die Azteken als Hindernisse unter der Wasseroberfläche errichtet hatten, in ihrer Manövrierfähigkeit behindert wurden.

Begleitet wurde der ganze Kampf vom unaufhörlichen Lärm der Trommeln, Trompeten und Pfeifen und dem Geschrei der Azteken, der Tag und Nacht andauerte. Am 9. Juni 1521 gelang es Cortés mit seiner Einheit, auf den Marktplatz im Zentrum vorzustoßen, wo sie den Palast des Axayacatl, ihre alte Unterkunft, und die neue Statue des Hiutzilopochtli auf dem Tempel niederbrannten. Sie kehrten aber abends wieder in ihr Standquartier zurück, weil die Sicherheit in der Stadt nicht gegeben war, da die Azteken nicht nur in den Straßen, sondern auch von den Hausdächern aus mit ihren Pfeilen und Wurfgeschoßen angriffen. Am 30. Juni 1521, dem Jahrestag ihrer Flucht in der „noche triste“, wollten die Spanier mit einem Generalangriff den Sieg erzwingen, doch Cortés wurde zurückgedrängt und da die Gräben nicht hinreichend aufgefüllt worden waren, brach Chaos aus. Cortés selbst wurde am Bein verletzt und von einigen Azteken, die ihn erkannt hatten, ergriffen; er sollte Huitzilopochtli geopfert werden, doch Cristóbal de Olea, der ihn schon in Xochimilco gerettet hatte, kam ihm zu Hilfe, wobei er selbst starb. Cortés wurde von der Verfolgung der Azteken von Antonio de Quinones zurückgehalten, da dieser ihm zu verstehen gab, dass alle verloren seien, wenn er tot sei [Carroll, Our Lady of Guadalupe and the Conquest of Darkness, S. 76]. Allen drei Divisionen wurden bei ihrem Rückzug von den Azteken Köpfe getöteter Spanier vor die Füße geworfen mit den Worten, dass die jeweils anderen Divisionen mit ihren Anführern ebenfalls tot seien.

Durch Kontaktaufnahme mit den Standquartieren konnten Cortés, Alvarado und Sandoval allerdings schnell sicherstellen, dass dem nicht so war. Dennoch war diese Niederlage ein herber Rückschlag, denn die indianischen Verbündeten machten sich bis auf wenige aus dem Staub, nicht zuletzt, weil sie gehört hatten, dass die Götter den aztekischen Priestern prophezeit hatten, dass die Spanier in den nächsten Tagen vernichtet würden, da die Sterne für Quetzalcoatl und Cortés ungünstig standen (Diaz del Castillo, Die Eroberung von Mexiko, S. 414). Zudem mussten die Spanier auf dem Festland hilflos mitansehen, wie ihre gefangenen Kameraden – es waren ungefähr siebzig – zu dem Lärm der Trommeln aus Schlangenhaut oben vor dem Tempel nackt vor dem Götzen Huitzilopochtli tanzen mussten, ehe ihnen die Brust aufgeschnitten und das Herz herausgerissen wurde. Sie alle wussten, dass auch ihnen dieses Schicksal bevorstand, wenn sie lebendig in die Hände der Feinde gerieten.

Die indianischen Verbündeten kehrten nach einigen Tagen zurück, da Cortés und die Spanier immer noch da waren, und entschuldigten sich; Cortés schickte sie wieder in ihre Einheiten. Erfreulich war, dass sich immer mehr Indianer bei ihm einfanden, so dass er in der zweiten Julihälfte mit ungefähr 150.000 indianischen Verbündeten einen neuen Generalangriff mit veränderter Taktik beginnen konnte. Alle Häuser entlang der Straßen zum Zentrum wurden dem Erdboden gleich gemacht, um Angriffe von den Dächern zu verhindern und jeder Mann, der sich nicht ergab, wurde getötet. Allerdings war Cortés schockiert, als er mitbekam, dass die Verbündeten Männer, Frauen und Kinder gleichermaßen töteten; die Spanier schützten nach Möglichkeit vor allem Frauen und Kinder, aber die Rache der Indianer kannte keine Grenzen. Anfang August hatten sie den großen Tempel im Zentrum eingenommen, der in Brand gesetzt wurde – das Zeichen für den endgültigen Sieg. Cortés hatte in Tlatelolco, einem älteren Stadtteil, den zweiten großen Tempel eingenommen und sah die Rauchwolken. Große Teile der Stadt waren zerstört und viele Einwohner waren in den Kämpfen oder an Hunger, Durst und Krankheiten gestorben.

Cortés hatte während der Belagerung mehrmals Friedensangebote an den mexikanischen Herrscher Cuauhtemoc geschickt, doch dieser hatte auf Drängen seiner Priester und Berater alle abgelehnt und den Kampf fortgesetzt. Am 13. August 1521 wurde Cuauhtemoc auf einem Boot auf dem See von García Holguin gefangengenommen und zu Cortés gebracht. Der mexikanische Herrscher bat darum, von Cortés getötet zu werden, doch Cortés behandelte ihn sehr freundlich und ließ ihm seinen Titel und seinen Besitz. Das war des Ende des Kampfes um Mexiko, das mit einem großen Fest gefeiert wurde, bei dem es aber viele Ausschweifungen gab, so dass Cortés auf Anraten Pater Omedos am nächsten Tag eine Prozession mit anschließender Heiliger Messe und einer Strafpredigt ansetzte. Die Spanier hatten zwar den Sieg errungen, aber die eigentliche Arbeit der Missionierung fing erst an, denn es war nicht zu erwarten, dass die Indianer jetzt einfach den christlichen Glauben annehmen würden. Das kann niemals militärisch erreicht werden. Dafür waren andere Streiter vorgesehen.

Cortés hatte zwar den Indianern vom christlichen Glauben erzählt und mit Pater Olmedo einen guten und treuen Diener Gottes an seiner Seite, doch er hatte Montezuma auch gesagt, dass er nur gekommen sei, um die Botschaft zu verbreiten und dass nach ihm gute und heiligmäßige Männer kämen, die ihnen alles besser erklären könnten (Diaz del Castillo, Die Eroberung von Mexiko, S. 207). Tatsächlich hatten sich bereits 1521, nachdem die ersten Erfolge in Spanien bekannt geworden waren, zwei Franziskaner, der Spanier Pater Francisco de los Angeles und der Flame Pater Jean Glapion, entschlossen, nach Mexiko zu gehen und Papst Leo X. hatte am 25. April 1521 die Erlaubnis erteilt. Doch Pater Glapion starb kurz darauf und Pater de los Angeles wurde im Orden unabkömmlich. Drei andere Franziskaner, zwei flämische Priester und ein Laienbruder, reisten kurz darauf nach Mexiko, doch die beiden Patres starben bald. Der Laienbruder, Pieter von Gent, auch Pedro von Gante genannt, wirkte dort aber lange und erfolgreich.

Im Mai 1522 wurde Adrian von Utrecht zum Papst Hadrian VI. gewählt; der ehemalige Lehrer des Kaisers war als dessen Stellvertreter in Spanien gut über die Situation in Mexiko informiert und veröffentlichte eine Bulle, die den Bettelorden erlaubte, ausgewählte Brüder in die Mission nach Mexiko zu schicken. Pater de los Angeles, der inzwischen zum Generaloberen der Franziskaner gewählt worden war, erteilte Pater Martín von Valencia im Oktober 1523 den Auftrag mit zwölf Ordensbrüdern nach Mexiko zu gehen und die Indianer zu bekehren. Bereits im Januar 1524 reiste Pater Martín mit nur elf Franziskanerbrüdern ab, da einer in Spanien aufgehalten wurde. Am 13 Mai 1524 erreichten sie Vera Cruz und obwohl Cortés sie mit allen Ehren und Annehmlichkeiten empfangen ließ, reisten sie die 200 km nach Mexiko-Stadt in ihren dünnen Mönchskutten und barfuß. Sie wollten den Unterschied zu den Spaniern deutlich machen, die seit der Eroberung vermehrt nach Neuspanien kamen und nur Gold und Reichtum im Sinn hatten. Dieser Marsch wurde im Übrigen eine Tradition, der alle Franziskaner, die zum ersten Mal in das Land kamen, bis ins 19. Jahrhundert folgten (Carroll, Our Lady of Guadalupe and the Conquest of Darkness, S. 83).

In Tlaxcala wurden sie begeistert empfangen und als sie sich Mexiko näherten, kam ihnen Cortés mit der gesamten Mannschaft sowie den vornehmen Indianern entgegen; er kniete vor Pater Martín nieder und wollte seine Hand küssen, doch als dieser das verhinderte, küsste er seine Kutte. Dieses demütige Verhalten gegenüber den ärmlich gekleideten Mönchen sollte die Indianer natürlich beeindrucken, damit sie sie achteten und auf ihr Wort hörten, doch Cortés war trotz seiner Fehler und Schwächen selbst tief gläubig. Er hatte nicht nur das aztekische Reich für seinen König in Besitz genommen, sondern auch den Weg für die Evangelisierung der Indianer geebnet, die jetzt beginnen konnte. Die sogenannten zwölf Apostel gründeten sofort vier Häuser in Mexiko-Stadt, Texcoco, Tlaxcala und Huexotzinco. Sie lernten Nahuatl und Ende 1526 waren einige von ihnen bereits in der Lage, sich ohne Dolmetscher mit den Indianern zu unterhalten und das Wort Gottes zu verkünden.

Politisch lief es weniger gut, denn in diesem Bereich kamen die negativen charakterlichen Eigenschaften und Begierden von Männern zum Tragen, die für die Arbeit der Missionare sehr schädlich waren. Nach dem Sieg in Tenochtitlan hatte Cortés einen zweiten Bericht über die Ereignisse an Kaiser Karl V. geschrieben. Seine Vertreter Alonso Hernández Portocarrero und Francisco de Montejo in Spanien setzten sich gemeinsam mit seinem Vater Martín Cortés weiter für ihn ein, doch auch die Vertreter des Diego Velázquez, waren in Spanien und brachten viele Anschuldigungen gegen ihn vor. Der Kaiser setzte eine Untersuchungskommission ein, und aufgrund ihrer Ergebnisse sprach er Cortés 1522 das Gouverneursamt über Neuspanien zu und bestätigte ihn als Generalkapitän. Cortés hatte bereits kommissarisch die Verwaltung des neuen Reiches übernommen und ließ Tenochtitlan als Mexiko-Stadt wiederaufbauen. Er schickte Truppen ins Landesinnere, um weitere Gebiete für den König in Besitz zu nehmen und nach Goldvorkommen zu suchen. Als Cristóbal de Olid, den er nach Honduras geschickt hatte, sich von ihm lossagte und dort selbst herrschen wollte, setzte sich Cortés 1524 an die Spitze eines weiteren Corps, um die Angelegenheit zu klären. Dies war eine folgenreiche Entscheidung, denn sie kostete ihn sein Amt als Gouverneur und er spielte keine Rolle mehr in der Geschichte Mexikos; seinen weiteren Unternehmungen war kein Erfolg mehr beschieden. Er hatte mit Alonso de Estrada, Rodrigo de Albornoz, Gonzalo de Salazar und Pedro Almindez Chirino gleich vier Stellvertreter zurückgelassen, die ihm aber nicht wohlgesonnen waren. Auch untereinander waren sie zerstritten und hielten sich selbst nicht an die Gesetze. Da es über acht Monate kein Lebenszeichen von Cortés gab, erklärte man ihn für tot und jeder, der anderer Meinung war, wurde bestraft. Pater Martín versuchte schließlich mit einem Interdikt und der Exkommunikation der Übeltäter die Lage zu beruhigen, aber seine Autorität war auf seinen Orden begrenzt und gegen eine milde Strafe musste er die Exkommunikation aufheben (Carroll, Our Lady of Guadalupe and the Conquest of Darkness, S. 87).

Als Nachrichten über diese Zustände in Spanien ankamen, schickte Kaiser Karl V. den Lizentiaten Luis Ponce de León nach Mexiko, der eine Untersuchung durchführen sollte. Er traf fast zeitgleich mit Cortés in Vera Cruz ein, der nach unsäglichen Mühen und Strapazen nach Honduras gelangt war, aber da Olid bereits hingerichtet worden war, war das ganze Unternehmen überflüssig. Ponce de León starb aber, bevor er mit seiner Arbeit beginnen konnte; doch er ernannte einen kränklichen älteren Anwalt namens Marcos de Aguilar zu seinem Nachfolger, aber auch dieser starb bald und ernannte seinerseits Estrada zu seinem Nachfolger. Es gab keine Untersuchung, da die rechtliche Lage unklar war, aber Verleumdungen gegen Cortés, an denen sich viele Freunde und Anhänger von Velázquez und Narváez beteiligten, waren an der Tagesordnung. Estrada ernannte einen gewissen Nuňo de Guzman zum Gouverneur der Provinz am Panucofluss, der sich sogleich daran machte, einen florierenden Sklavenhandel aufzubauen. Cortés, dem die Hände gebunden waren, entschloss sich 1528, selbst nach Spanien zu reisen, um mit Hilfe des Kaisers die Situation zu klären und wieder als Gouverneur eingesetzt zu werden, sowie seinen Besitz zurückzuerhalten, der inzwischen aufgeteilt worden war. Karl V. bestätigte ihn zwar als Generalkapitän und verlieh ihm den Titel des Marques von Oaxaca, aber er ernannte ihn nicht noch einmal zum Gouverneur. Er setzte Nuňo de Guzman als Präsidenten einer neuen Audiencia, der ersten Zivilregierung, ein, der mit vier Auditoren die Vorwürfe gegen Cortés untersuchen sollte. Die Ernennung Guzmans kann nur mit dessen alten Kontakten am spanischen Hof erklärt werden und der Tatsache, dass seine Machenschaften dort noch nicht bekannt geworden waren (Carroll, Our Lady of Guadalupe and the Conquest of Darkness, S. 91). Gleichzeitig ernannte Karl V. den Franziskaner Juan de Zumárraga zum neuen Bischof von Mexiko und Beschützer der Indianer.

Damit ging der Kampf um Mexiko und seine Einwohner in eine neue Phase, denn die beiden konnten nicht unterschiedlicher sein. Guzman begann seine Tätigkeit, die ihn faktisch zum Gouverneur und Richter von Cortés machte, im Januar 1529. Zwei der vier Auditoren waren während der Überfahrt gestorben, aber die anderen beiden machten schnell gemeinsame Sache mit Guzman und bauten einen großen und lukrativen Sklavenhandel auf. Bischof Zumárraga, der mit den beiden Auditoren angekommen war, wurde sofort in aller Deutlichkeit gesagt, dass er sich nicht mit den Klagen der Indianer abgeben solle und dass er nicht erwarten könne, irgendeine Autorität als Beschützer der Indianer auszuüben, denn dies würde als Beschränkung der Befugnisse der Auditoren betrachtet (Carroll, Our Lady of Guadalupe and the Conquest of Darkness, S. 92). Die Lage der Indianer verschlechterte sich zusehends, da ihre rechtliche Stellung noch nicht geklärt war. Karl V. hatte zwar bereits bei der Ernennung von Cortés zum Gouverneur 1522 gefordert, die Indianer gut zu behandeln und in Glaubensfragen zu unterrichten und im Juni 1523 Instruktionen erteilt, die den Umgang mit den Indianern in den neuen Gebieten betrafen, aber der Kaiser war weit weg und die falschen Männer waren in den wichtigen Positionen in Neuspanien. Trotzdem kamen die Indianer mit ihren Klagen und ihrem Leid zu Bischof Zumárraga. Vielen Spaniern erging es unter der Herrschaft Guzmans nicht viel besser und auch sie gingen mit ihren Beschwerden zum Bischof.

Guzman ließ alle Briefe nach Spanien abfangen, aber einige seiner Taten drangen doch nach Europa durch. Kaiserin Isabella hatte bereits in Abwesenheit ihres Mannes verfügt, dass das Zurückhalten privater Korrespondenz mit der Verbannung aus Mexiko zu bestrafen war. Schließlich verfügte Guzman die Todesstrafe für jeden Indianer und Geld- und Gefängnisstrafen für jeden Spanier, der bei dem Bischof um Hilfe bat. Bischof Zumárraga, der aus dem Baskenland stammte, konnte vor Ort nichts tun, aber er schrieb einen ausführlichen Bericht über die Machenschaften Guzmans an den Kaiser und suchte eine Möglichkeit, ihn nach Spanien zu schicken. Er ging selbst nach Vera Cruz und fand dort einen baskischen Seemann, der den Brief in einem Schinken in einem Ölfass nach Spanien transportierte (Carroll, Our Lady of Guadalupe and the Conquest of Darkness, S. 94). Der Inhalt des Briefes und die Art der Zustellung waren Beweis genug, dass Guzman seine Position und Autorität missbraucht hatte. Guzman setzte sich rechtzeitig nach Michoacan ab, wo er einige Jahre noch eine Schreckensherrschaft ausübte. Kaiserin Isabella setzte im März 1530 eine neue Audiencia ein, die von Bischof Sebastian Ramirez del Fuenleal geleitet wurde, der in Santo Domingo tätig war. Die Auditoren wurden vom Bischof von Badajoz sorgfältig ausgewählt und kamen mit Bischof Fuenleal am 9. Januar 1531 in Vera Cruz an. Sie leisteten gute Arbeit und waren ein Segen für Mexiko. Ein königliches Dekret vom August 1530 verbot die Versklavung der Indianer; zusätzlich wurde Bischof Zumárraga als Beschützer der Indianer bestätigt und seine rechtlichen Befugnisse genau definiert.

Cortés hatte mit der Eroberung des aztekischen Reiches in nur sechzehn Monaten das Weltbild und den Glauben der Azteken und aller Indianer an ihre Götter tiefgreifend erschüttert. Sie hatten in dem Glauben gelebt, dass ihre Götter für sie sorgen und sie beschützen würden; die Menschenopfer waren nicht als Dank, sondern als Bitte für die Zukunft gedacht (Rinke, Conquistadoren und Azteken, S. 92), denn der Fortbestand ihres Daseins, des ganzen Kosmos, hing von der Gnade der Götter ab, die täglich neu erbeten werden musste, damit die Sonne als Lebensspender wieder aufginge. Zudem gab es in ihrer Vorstellung fünf Zeitalter, von denen bereits vier durch Naturkatastrophen untergegangen waren; das fünfte und letzte, in dem sie lebten, sollte durch ein Erdbeben untergehen (Vaillant, Die Azteken, S. 170). Das ganze Leben war damit geprägt von Angst und Grauen und „es herrschte ein seelisches Klima des Pessimismus vor“ (Soustelle, Das Leben der Azteken, S. 215), das auch vor dem Leben nach dem Tod nicht Halt machte. Die Niederlage der Azteken kann vor diesem Hintergrund durchaus als ein geistiges Erdbeben gesehen werden, das das letzte Zeitalter beendete. Die alte Welt mit ihrer Ordnung war untergegangen und die Indianer hatten damit ihre Identität verloren. Die Missionierung, die sowohl Cortés als auch Karl V. anstrebten, stand noch ganz am Anfang; die Geistlichen erreichten durchaus einen Teil der Indianer, aber im Land lebten an die zwanzig Millionen Menschen und die sprachlichen, geographischen und klimatischen Bedingungen erschwerten die Arbeit. Auch das Verhalten vieler Spanier, die nur von der Gier nach Gold und Macht getrieben wurden, und die daraus folgenden politischen Verwirrungen bremsten die Evangelisierung ungemein. Zudem sahen sich die Spanier als privilegierte Klasse, während die Indianer keinen großen Wert zu haben schienen. Das war nicht das, was Cortés im Sinn gehabt hatte; auch Kaiser Karl V. hatte immer wieder darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, die Indianer gut zu behandeln und ihnen den christlichen Glauben nahe zu bringen. Von daher verwundert es nicht, dass die Indianer sich zurückhaltend und abwartend verhielten.

Für die Gottesmutter war nun die Zeit reif, das Land, das Cortés für sie erobert hatte, in Besitz zu nehmen und ihre Kinder zu sammeln. Sie erschien dem Indianer Juan Diego am 9. Dezember 1531, dem Fest der Unbefleckten Empfängnis; zu der Zeit wurde dieses Fest im Westen Europas noch am 9. und nicht am 8. November gefeiert, so wie es in der Orthodoxen Kirche noch heute der Fall ist (Hawkins, The Iconography of Guadalupe, in: A Handbook of Guadalupe, S. 64). Juan Diego war zu diesem Zeitpunkt 57 Jahre alt und hatte sowohl die Zeit der Einweihung des neuen Tempels unter der Federführung Tlacaellels erlebt, als auch die Eroberung Mexikos durch die Spanier. Der Ort Cuauhtitlan, aus dem er stammte, war einer von zweien, deren Einwohner bereits 1526 getauft worden waren. Er erhielt von der Gottesmutter den Auftrag, zum Bischof zu gehen und für sie eine Kapelle auf dem Hügel Tepeyac zu errichten. Juan Diego tat, wie ihm geheißen, aber Bischof Zumárraga war recht skeptisch. Juan Diego kehrte zum Hügel Tepeyac zurück und bat die Gottesmutter, die dort auf ihn wartete, jemand anderen mit höherem Ansehen zu schicken. Maria aber trug ihm auf, am nächsten Tag wieder zum Bischof zu gehen, was er auch tat. Diesmal war Bischof Zumárraga freundlicher und stellte viele Fragen, doch forderte er einen Beweis für die Echtheit dessen, was der Indianer ihm erzählte. Juan Diego kehrte zum Hügel Tepeyac zurück, wo die Gottesmutter ihn bereits erwartete. Bischof Zumárraga hatte zwei Bedienstete hinter ihm hergeschickt, aber sie verloren ihn aus den Augen. Als Juan Diego der Gottesmutter von dem Gespräch erzählt hatte, sagte sie ihm, er möge am nächsten Morgen zu ihr kommen und sie würde ihm den Beweis für den Bischof mitgeben. Aber Juan Diego konnte am nächsten Tag nicht zu ihr gehen, da sein Onkel Juan Bernardino, der in Tultepec wohnte, krank war und er sich um ihn kümmerte. Am 12. Dezember war er frühmorgens auf dem Weg in die Stadt, um für seinen Onkel einen Priester zu holen aber da er den Auftrag der Gottesmutter am vorigen Tag nicht erfüllt hatte, nahm er einen anderen Weg um den Hügel Tepeyac herum, doch die Gottesmutter wartete dort bereits auf ihn. Als sie ihn fragte, warum er am vorigen Tag nicht gekommen sei, erzählte er ihr von seinem Onkel. Sie sagte ihm, er solle sich nicht weiter um ihn sorgen, da es ihm gut ginge. Dann trug sie ihm auf, zur Spitze des Hügels zu steigen und die Blumen dort zu pflücken. Juan Diego wunderte sich, da er wusste, dass dort auf dem steinigen Boden keine Blumen wuchsen, vor allem nicht zu dieser Jahreszeit. Aber er fand dort wunderschöne, duftende kastilische Rosen, die er in seinem Umhang aus Agavenfasern, der Tilma, sammelte und zur Gottesmutter zurückbrachte. Sie sortierte sie selbst und trug ihm auf, damit zum Bischof zu gehen; sie schärfte ihm ein, den Umhang nur vor dem Bischof zu öffnen. Juan Diego tat wie ihm geheißen und als er die Tilma öffnete, fielen die Rosen zu Boden, doch zu seiner Verwunderung fielen der Bischof und die anderen Anwesenden auf die Knie. Auf seiner Tilma war der Beweis, den Bischof Zumárraga gefordert hatte. Dieser brachte das Bild auf dem einfachen Umhang sofort in seine Kapelle. Er behielt Juan Diego bis zum nächsten Tag bei sich. Dann ging er mit ihm und einigen anderen zunächst zum Hügel Tepeyac und ließ sich die Stelle zeigen, an der die Gottesmutter erschienen war und wo sie ihre Kapelle stehen haben wollte. Anschließend gingen sie zu Juan Diegos Onkel, der tatsächlich gesund war und ihnen erzählte, dass ihm auf dem Krankenlager eine wunderschöne Frau erschienen sei, die ihn gesund gemacht habe. Das war um die gleiche Zeit, zu der die Gottesmutter mit Juan Diego gesprochen hatte. Sie hatte Juan Bernardino auch den Namen mitgeteilt, unter dem sie in Mexiko verehrt werden wollte, nämlich als Jungfrau von Guadalupe.

Für die Spanier war das Bild durch die christliche Symbolik leicht lesbar (Górny/Rosikoń, Guadalupe Mysteries, S. 57 ff). Die Aura, die Maria umgibt, ist das Symbol ihrer Heiligkeit. Der blaue Mantel steht für die Unsterblichkeit und die ewige Freude mit Gott im Himmel, während die Sterne auf ihren Titel als Königin des Himmels hinweisen. Der Gürtel ist das Symbol für Jungfräulichkeit, Reinheit und Hingabe an Gott, der durch die Wolke dargestellt wird. Das zartrosa der Tunika verweist auf das Rot der Selbsthingabe der Liebe. Die Blätter und Blüten auf der Tunika stehen für das Paradies und der Mond, auf dem Maria steht, wird mit der Frau in der Apokalypse in Verbindung gebracht. Die Brosche trägt das wichtigste Symbol der Christenheit, das Kreuz. Die gefalteten Hände und das leicht gebeugte Knie stehen für den Lobpreis Gottes und ihre Demut vor Gott.

Die Priester konnten sich zunächst die plötzliche Begeisterung der Indianer für den christlichen Glauben nicht so ganz erklären; der nach der Erscheinung der Jungfrau von Guadalupe einsetzte. Sie hatten zwar Fortschritte in der Missionierung gemacht, aber es war eine mühselige Arbeit. Die Indianer kamen jetzt in Scharen, auch von Orten, in denen noch kein Missionar gewesen war, und wollten getauft werden. Die anfängliche Befürchtung, es handle sich um Opportunismus oder nur eine oberflächliche Bekehrung zerstreuten sich jedoch, als deutlich wurde, mit welchem Eifer sich die Indianer in ihr neues, vom christlichen Glauben geprägtes Leben warfen.

Maria zeigte ihnen einen Ausweg aus ihrer Situation. Das Bild der Jungfrau von Guadalupe sprach zu ihnen; sie benutzte dafür die Symbole ihrer Kultur und ihrer Bildersprache. So konnten sie nun das Bild auf der Tilma lesen.

Zunächst einmal war die Tilma selbst von Bedeutung, denn die Indianer brachten ihre Neugeborenen in einer Tilma zum Tempel, um sie den Göttern zu weihen. Bei einer Eheschließungszeremonie wurde die Tilma des Mannes mit der Bluse der Frau als Zeichen des gemeinsamen Bundes verknotet – dies entspricht dem mystischen Bund, den Maria mit dem mexikanischen Volk einging und symbolisierte auch den neuen Bund mit Gott. Und die Tilma schützte den Mann nicht nur vor der Kälte und der Sonne, sondern es wurden mit ihr auch Nahrungsmittel transportiert – Maria wurde dadurch als Beschützerin in allen Lebenslagen und Trägerin der lebensgebenden Speise, Jesus Christus, gesehen (Górny/Rosikoń, Guadalupe Mysteries: Deciphering the Code, S. 42).

Der Codex, den die Indianer in dem Bild lasen, erschloss ihnen die Quintessenz des Evangeliums (Górny/Rosikoń, Guadalupe Mysteries, S. 53 ff). Da Maria keine Maske trägt, wie die Gottheiten der alten Zeit, war sie keine Göttin. Der türkisfarbene Mantel war in der aztekischen Kultur ein Zeichen für Herrschaft und damit nur dem Herrscher vorbehalten; Maria ist also eine Königin. Die Wolken, die sie umgeben und der Sternenhimmel auf dem Mantel deuten darauf hin, dass sie mit einem göttlichen Auftrag aus einer anderen Welt gekommen ist, da der Himmel der Sitz der Götter ist. Eine Untersuchung im Jahr 1981 hat ergeben, dass die Anordnung der Sterne auf dem Mantel genau der Sternenkonstellation am Himmel Mexikos im Dezember 1531 entspricht; dies war ein Hinweis für die aztekischen Priester, da sie als einzige genaue Kenntnis über Astronomie und den aztekischen Kalender hatten. Der Betrachter des Sternenhimmels blickt allerdings nicht von der Erde nach oben (heliozentrisch), sondern er blickt von der Sonne nach unten (geozentrisch) und der Mittelpunkt ist eine Jasminblüte (quincunx) in der Höhe des Bauches auf der Tunika. Die Jasminblüte steht für Göttlichkeit und Transzendenz, sowie für das Prinzip der Ordnung des Universums. Sie besteht aus fünf Teilen: vier Blütenblätter, die sich in der Mitte treffen; die Zahl vier symbolisierte in der aztekischen Kultur das Ideal von Harmonie und Schönheit, während die Zahl fünf das Symol für das Treffen von Mensch und Gott war. Zusammen mit dem offenen Haar, das für Jungfräulichkeit steht, und dem schwarzen Gürtel, der zu einer Schleife gebunden ist und eine Schwangerschaft andeutet, erkannten die Indianer, dass die Jungfrau Maria den Sohn Gottes, Jesus Christus, in sich trug.

Die zartrosa Tunika steht für den Sonnenaufgang, der die Erneuerung des Lebens darstellt. Unter den Blumen, die auf der Tunika zu sehen sind, befindet sich auch eine Magnolie, die auch als Herzblume bezeichnet wird, und das Symbol für das menschliche Herz war, das die Azteken ihren Göttern opferten. Der Engel, der in der einen Hand den Mantel und der anderen Hand die Tunika hält, ist die Verbindung zwischen Himmel und Erde. Eine Brosche, wie Maria sie am Hals trägt, stellte in der aztekischen Tradition das Bild eines Gottes dar. Das leicht gebeugte Knie ist ein Zeichen für das Tanzen, was bei den Azteken immer eine Form des Gebets war. Die gefalteten Hände machen deutlich, dass sie zu jemandem betet, der größer ist als sie.

Aufgrund dieser himmlischen Unterstützung bei der Bekehrung Mexikos ist es kein Wunder, dass sich innerhalb von zehn Jahren 9 Millionen Indianer taufen ließen. Zu der Zeit befanden sich etwa 40 Priester in Mexiko, so dass sie die Indianer in Massentaufen in die katholische Kirche aufnehmen mussten, um dieser herausfordernden Aufgabe gerecht zu werden. Natürlich gab es auch Rückschläge, da manche Indianer zu ihrem alten Glauben zurückkehrten, doch andere wie die Tlaxcalteken hatten sich so tiefgreifend bekehrt, dass sie nach wenigen Jahren schon selbst als Missionare in die entfernten Gebiete Mexikos gingen, um das Evangelium zu verkünden (Carroll, Our Lady of Guadalupe and the Conquest of Darkness, S. 37).

Ein weiterer wichtiger Punkt sowohl für die Indianer als auch die Spanier war die Hautfarbe der Jungfrau in dem Bild. Je nach Entfernung erscheint sie dunkel- oder hellhäutig, so dass sich beide Seiten angesprochen fühlten und aufeinander zugehen konnten. Sie waren alle Kinder Marias. Dies ermöglichte ein weitgehend friedliches Zusammenwachsen zu einem Volk, was sich besonders an den Kindern, die aus den Verbindungen der Indianer und Spanier hervorgingen, den Mestizen zeigte. Waren sie vor der Erscheinung der Jungfrau von Guadalupe weder als Spanier noch als Indianer betrachtet worden, so wurden sie von da an zum Symbol der gemeinsamen Zukunft.

Während Mexiko befreit wurde und von dort aus ganz Südamerika missioniert werden konnte, ging in Europa England für die Katholische Kirche verloren. Es kann kein Zufall sein, dass genau in den fünf Jahren, von 1532 bis 1536, nach der Erscheinung der Jungfrau von Guadalupe, fünf Millionen Indianer getauft wurden und sich England unter Henry VIII im gleichen Zeitraum von der Katholischen Kirche lossagte, vom Parlament zum Oberhaupt der Anglikanischen Kirche ernennen ließ und mit dem Parlament und der Hilfe Thomas Cromwells die Kirchengüter konfiszierte. Bischof John Fisher, der sich weigerte, einen Eid auf Henry als Oberhaupt der neuen Kirche abzulegen, wurde am 22. Juni 1535 hingerichtet, Thomas Morus, der sich weigerte, die Ehe Henrys mit Anne Boleyn anzuerkennen, zwei Wochen später am 6. Juli 1535 (Carroll, Our Lady of Guadalupe and the Conquest of Darkness, S. 113).

Der Verlust der christlichen Einheit durch den Abfall Englands und der protestantischen Länder traf Europa zwar hart und bot ein neues Einfallstor für den Islam in der Gestalt des Osmanischen Reiches, doch auch hier griff die Jungfrau von Guadalupe über die räumliche Entfernung hinweg ein. Vierzig Jahre nach ihrem Erscheinen in Mexiko war die Christenheit durch das expandierende und aggressive Osmanische Reich bedroht. Das erklärte Ziel der Türken war die Eroberung Roms. Papst Pius V. konnte Spanien und Italien zu einer Allianz gegen die Bedrohung aus dem Osten vereinen und am 7. Oktober 1571 kam es zur Schlacht von Lepanto. Papst Pius V. hatte die Christen zum Gebet des Rosenkranzes aufgerufen; allem Anschein nach wusste er nicht, dass eine Kopie des Bildes der Jungfrau von Guadalupe an Bord eines Schiffes war, das an der Schlacht beteiligt war (Wahlig, Our Lady of Guadalupe at the Decisive Moment in the Battle of Lepanto, in: A Handbook of Guadalupe, S. 104). Der zweite Bischof von Mexiko, der Dominikaner Alonso de Montúfar, hatte die Kopie 1570 anfertigen lassen und mit ihr das Original berührt, da er die heraufziehende Gefahr genau sah und auch wusste, wie viele Wunder die Jungfrau von Guadalupe in Mexiko schon gewirkt hatte. Anschließend schickte er die Kopie dem spanischen König Philip II., und bat ihn, das Bild mit in die Schlacht zu schicken, wenn es so weit wäre. Philip II gab das Bild Admiral Giovanni Andrea Doria, der es in seiner Kabine aufstellte. In der kritischen Situation der Schlacht von Lepanto, am 7. Oktober 1571, als Admiral Andrea Doria Gefahr lief von der restlichen Flotte getrennt zu werden und den Türken damit die Vernichtung der ganzen Flotte möglich gewesen wäre, ging er in seiner Kabine vor dem Bild auf die Knie und flehte die Jungfrau von Guadalupe um Hilfe an. Tatsächlich drehte sich der Wind und stürzte die türkische Flotte in Unordnung, so dass den Christen der Sieg sicher war. Die Türken büßten bei dieser Niederlage ihren Anspruch als Seemacht ein und waren zumindest auf See keine Bedrohung mehr. Es waren also nicht nur die Rosenkranz-Gebete der Christen, wie Papst Pius V. sagte, sondern auch die Jungfrau von Guadalupe in Mexiko, die dafür sorgte, dass eine der größten Gefahren für die Christenheit in Europa gebannt war.

Diese Kopie des Bildes der Jungfrau von Guadalupe blieb im Besitz der Familie Doria, bis Kardinal Doria es 1811 den Einwohnern der Stadt Aveto in Ligurien, nördlich von Genua, schenkte. Es wurde in der Kirche San Stefano d´Aveto aufgestellt und von vielen Pilgern verehrt.

Literatur

Carroll, Warren H., Our Lady of Guadalupe and the Conquest of Mexico, Christendom Press, Front Royal,VA, 1983

Franciscan Friars of the Immaculate, A Handbook of Guadalupe, The Academy of the Immaculate, New Bedford, MA, 1997

Diaz del Castillo, Bernal, Die Eroberung von Mexiko, Insel Verlag, Berlin, 2017

Górny, Grezegorz und Janusz Rosikoń, Guadalupe Mysteries: Decipherig the Code, Ignatius Press, San Francisco & Rosikoń Press, Warsaw, 2016

Rinke, Stefan, Conquistadoren und Azteken. Cortés und die Eroberung Mexikos, Verlag C. H. Beck, München, 2019

Soustelle, Jacques, Das Leben der Azteken. Mexiko am Vorabend der spanischen Eroberung, Manesse Verlag, Zürich, 1986

Vaillant, George C., Die Azteken. Ursprung, Aufstieg und Untergang eines mexikanischen Volkes, Verlag M. DuMont Schauberg, Köln, 1957


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